CDU-Politiker Stübgen Brandenburger Minister für Abschaffung des Asylrechts
Das Recht auf Asyl ist im Grundgesetz festgeschrieben. Brandenburgs Innenminister Stübgen fordert nun, es abzuschaffen. Die Genfer Flüchtlingskonvention mache es überflüssig, so der CDU-Politiker. In Brandenburg wird am Sonntag gewählt.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen spricht sich in der Asyl- und Migrationsdebatte dafür aus, das Asylrecht in seiner bestehenden Form abzuschaffen.
"Das individuelle Recht auf Asyl ist im Grundgesetz nicht mehr nötig, weil wir nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention ohnehin Menschen, die verfolgt werden, Schutz gewähren", sagte der CDU-Politiker, der derzeit auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist, dem Handelsblatt. "Deshalb befürworte ich, im Grundgesetz die Genfer Flüchtlingskonvention als Institutsgarantie zu verankern."
Das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge aus dem Jahr 1951, genannt Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), ist ein völkerrechtliches Abkommen. Es definiert, wer als Flüchtling anzusehen ist und welche Rechte Flüchtlinge genießen. Es ist die wichtigste Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts.
Mittlerweile wurde die Genfer Konvention von insgesamt 147 Staaten unterzeichnet. Zudem ist die Beachtung der Konvention in der EU-Grundrechtecharta festgeschrieben.
Vorschlag kurz vor der Wahl in Brandenburg
Ohne das Asylrecht wäre es möglich, Flüchtlingskontingente einzuführen, betonte der Innenpolitiker. "Wir entscheiden dann, wer in unser Land kommt. Und wir können festlegen, in welchem Ausmaß wir Migranten aufnehmen und integrieren können."
Aus der Union waren bereits ähnliche Vorschläge laut geworden. Die Chancen auf eine Grundgesetzänderung schätzt Stübgen aber anscheinend nicht als hoch ein: "Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf das Machbare."
Das deutsche Asylrecht ist im Artikel 16a, Absatz 1 des Grundgesetzes festgeschrieben: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht". Es entstand aus den Erfahrung der nationalsozialistischen Diktatur, des Zweiten Weltkriegs und der mit ihm verbundenen Flüchtlingsbewegungen. Das Gesetz gilt für jeden politisch Verfolgten, der nach Deutschland kommt.
Stübgen: Erst mal nationale Notlage feststellen
Stübgen machte den Vorschlag wenige Tage vor der Landtagswahl in seinem Bundesland, die auch im Zeichen eines möglichen AfD-Siegs steht. In der ARD-Vorwahlumfrage lag die AfD knapp vor der regierenden SPD. Stübgens mitregierende CDU kam - mit deutlichem Abstand - auf Platz 3.
Der Brandenburger Minister forderte, eine nationale Notlage auszurufen, damit Schutzsuchende an den Grenzen zurückgewiesen werden könnten. Er sei überzeugt, dass dies rechtlich möglich sei, auch wenn die Zahlen der Neuankömmlinge derzeit rückläufig seien, sagte er der Zeitung. "Die Belastungen sind nicht mehr zu stemmen."
Nachbarländer kritisieren Zurückweisungen
Damit die Zurückweisungen erfolgreich sind, müssten Verhandlungen mit den Nachbarländern geführt werden. "Ich würde empfehlen, dass Außenministerin (Annalena) Baerbock etwas weniger nach Israel fliegt und etwas mehr mit unseren Nachbarländern darüber redet, wie damit umgegangen wird, wenn wir eine Notlage erklären", sagte Stübgen mit Blick auf die Grünen-Politikerin.
Aus Polen und Österreich war bereits scharfe Kritik an möglichen Zurückweisungen von Asylbewerbern an deren Grenzen zu Deutschland geübt worden, die die Union seit Längerem fordert.
Nouripour entsetzt über Migrationsdebatte
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour kritisiert die Forderung, Geflüchtete und auch Asylbewerber im großen Stil an den Grenzen zurückzuweisen, scharf. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte er mit Blick auf die zunächst gescheiterten Gespräche zwischen Bundesregierung, Ländern und Unionsfraktion über das Thema: "Wir sind immer noch bereit, über vernünftige Vorschläge der Union zu sprechen. Leider haben wir bisher keine gehört."
Über den Ton in der aktuellen Migrationsdebatte zeigte sich Nouripour entsetzt. "Aus dem demokratischen Lager kommen zuweilen Zwischentöne, die mich an manches rechtsextreme Plakat aus den 1990-ern erinnern: alle Afghanen raus, alle Syrer raus." Das sei unanständig.