Habecks Ostasienreise Den Handelskonflikt mit China noch abwenden
Wirtschaftsminister Habeck bricht nach Asien auf und versucht das, woran schon der Kanzler gescheitert ist: China zu fairen Handelspraktiken zu bewegen. Gelingt es ihm, einen drohenden Handelskonflikt abzuwenden?
Es ist ein Horrorszenario für die deutsche Automobilindustrie: Brüssel hat angedroht, ab Juli Strafzölle auf chinesische E-Auto-Importe zu erheben. Die deutschen Autobosse laufen dagegen Sturm, und auch die Bundesregierung hat sich klar gegen Strafzölle und den damit drohenden Handelskrieg positioniert.
Dahinter steckt eine diffuse Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, allen voran davor, dass China Rohstoffexporte verknappen könnte und damit deutsche E-Autos noch teurer und weniger konkurrenzfähig werden. Beobachter warnen vor zu viel Rücksichtnahme.
Für Wirtschaftsminister Robert Habeck wird es ein Drahtseilakt. Zunächst geht es für Habeck jedoch zu Freunden, nach Südkorea. Für Deutschland ist es der zweitwichtigste Exportmarkt in Asien und ein Partner auf der Seite des Westens im Ukraine-Krieg, der sich etwa an den Sanktionen gegen Russland beteiligt.
In der China-Strategie der Bundesregierung wird von "De-Risking" statt "Decoupling" gesprochen - also weniger Risiko durch weniger Abhängigkeit von China, ohne sich dabei vom wichtigsten Exportmarkt Deutschlands zu entkoppeln. Der Zwischenstopp in Südkorea ist auch ein Teil dieser Strategie.
Kaum lösbare Aufgabe für Habeck
Mit seiner Delegation aus Vertretern mittelständischer Unternehmen und Mitgliedern des Bundestags geht es am Freitag weiter nach China, wo der schwierige Teil der Reise beginnt. Mit China wartet ein Partner, auf den Deutschland nicht verzichten kann, der aber gleichzeitig als "Systemrivale" seine eigene Industrie aus Sicht der EU mit Subventionen übervorteilt.
Die Erinnerung an die Reise des Bundeskanzlers nach China im April ist noch jung - genau wie die Schlagzeilen, die sie produzierte: Der chinesische Präsident Xi Jinping ließ Olaf Scholz damals auflaufen. Auf Vizekanzler Habeck wartet daher eine kaum lösbare Aufgabe, zumal die eigentliche Zuständigkeit für Verhandlungen gar nicht bei ihm, sondern bei der Europäischen Kommission liegt.
Ein "robust agierender, globaler Akteur"
In den Augen des Wirtschaftsministers ist China längst nicht mehr ein "freundliches Produktionsland, also die Werkbank, der Abnahmemarkt, ohne eigene Interessen, ohne machtpolitische Deutung". Stattdessen sei China zumindest ein "robust agierender, globaler Akteur", wie Habeck auf einer Veranstaltung im Mai sagte.
Da ist zum einen Chinas schwierige Rolle im Ukraine-Konflikt. Gleichzeitig ist das Land der weltweit größte CO2-Emittent und damit ein unabdingbarer Partner im Kampf gegen den Klimawandel. Und dann ist da noch Chinas zentrale Rolle für die Wirtschaft, Deutschlands wichtigster Handelspartner.
Deswegen sei die Erwartungshaltung ganz klar, "dass es ein fairer Handelspartner bleibt", und darüber müsse man sprechen, sagt der Mittelstandsbeauftragte der SPD-Fraktion, Esra Limbacher, der als einer der Bundestagsmitglieder die Reise begleitet.
China bricht die Regeln der WTO
Dass China überhaupt noch ein fairer Handelspartner ist, stellen allerdings viele Beobachter infrage. Weil China sich nicht an die Regeln der Welthandelsorganisation hält und eigene Firmen subventioniert, hat die EU-Kommission Ausgleichszölle auf E-Autos aus China angekündigt.
Das wird ein Thema der Reise, erwartet die wirtschaftspolitische Sprecherin der Union, Julia Klöckner, und fordert, ein klares Signal zu setzen, weil China sich nicht an Regeln halte und dadurch "unsere eigene Industrie geschädigt wird". Gleichzeitig warnt sie vor einem Handelskrieg und verweist darauf, wie eng verwoben die deutsche Wirtschaft mit China ist.
Bei Handelskonflikt nur Verlierer
Verwoben in China ist vor allem die deutsche Autoindustrie, die einen Großteil ihrer Produktion in deutsch-chinesischen Joint Ventures in China und für den chinesischen Markt produziert. Auch wenn Gegenmaßnahmen Chinas nach bisheriger Ankündigung eher auf die Lebensmittelbranche abzielen, könnte es laut Branchenexperten nur der Anfang eines Handelskonflikts sein, der weder Deutschland noch China gelegen käme.
Der Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, bereiten diese Gedankenspiele erhebliche Kopfschmerzen. Sie warnt vor einem "Instrument von Reaktion und Gegenreaktion", das am Ende den internationalen Handel "verunmöglicht" und mit dem wir als globale Industrie nicht leben könnten.
"Getrieben von der eigenen Angst"
Widerspruch erhält die Autoindustrie vom Chefökonom des Mercator Instituts für China-Studien, Max Zenglein, der davor warnt, zu viel Schwäche zu zeigen. Deutschland sei getrieben "von der eigenen Angst, die China wiederum auch wahrnimmt". In der Folge hätte China sich beim Besuch des Bundeskanzlers und dem Versuch, das Gespräch zu suchen, nicht dazu bringen lassen, "überhaupt irgendetwas auf den Tisch zu legen und anzubieten."
Der Druck auf Wirtschaftsminister Habeck, den schwierigen Partner in Fernost zum Einlenken zu bewegen, ist groß. Es könnte die letzte Chance sein, bevor der Ankündigung Brüssels am 1. Juli Taten folgen.