China und die E-Auto-Zölle Strafmaßnahmen und "Zuckerbrot"?
Die angekündigten EU-Zölle auf chinesische E-Autos haben noch keinen großen Gegenschlag ausgelöst. Experten erwarten aber Maßnahmen in anderen Branchen, um einzelne EU-Länder unter Druck zu setzen.
Noch ist es ungewiss, ob und wie China seine Drohungen mit Gegenmaßnahmen wahr macht. Doch Beobachter rechnen damit, dass die chinesische Staats- und Parteiführung die neuen EU-Strafzölle nicht einfach über sich ergehen lässt.
"Alle Muster, die wir bislang auf der chinesischen Seite in Fragen der Handelspolitik gesehen haben, weisen darauf hin, dass die Führung hier mit Härte reagieren wird und sich durchaus auch auf schwere Auseinandersetzungen einstellt", sagt beispielsweise Mikko Huotari, der das Berliner China-Forschungsinstitut Merics leitet. Es gebe zwar kein Interesse an einem Handelskrieg - aber das bedeute nicht, dass die Führung automatisch zu Kompromissen bereit sei.
Klage bei der Welthandelsorganisation?
Möglich sei eine Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO), sagt He Yadong, ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums. Das Vorgehen der EU stehe im Verdacht, gegen deren Regeln zu verstoßen. Daher behalte sich China vor, eine Klage einzureichen.
Die Volksrepublik trat der WTO im Jahr 2001 bei. International gab es die Hoffnung, dass sich China durch Handel in eine freie Marktwirtschaft wandeln werde. Doch mehr als 20 Jahre später steht das von der Kommunistischen Partei regierte Land weiter in der Kritik, sich nicht an die marktwirtschaftlichen WTO-Regeln zu halten. Seit Jahren beklagen ausländische Unternehmen beispielsweise einen erschwerten Marktzugang in dem Land.
"Eine Klage wäre in vielerlei Hinsicht sehr gut", sagt China-Experte Huotari. Nach seiner Einschätzung würde ein solches Verfahren eher zu Ungunsten Chinas ausgehen. Die EU-Kommission sei das "insgesamt sehr solide angegangen": "Insofern sollten wir fast darum bitten, dass Peking diesen Schritt unternimmt."
Landwirtschaft und Luftfahrt im Visier?
Er und weitere Analysten halten zudem chinesische Gegenmaßnahmen für möglich, um gezielt einzelne EU-Länder unter Druck zu setzen. China wolle vielleicht die Luftfahrt und die Landwirtschaft ins Visier nehmen, sagte Joe Mazur vom Rechercheteam Trivium in China der Nachrichtenagentur Reuters. Den Bereich Landwirtschaft halte er für wahrscheinlicher: "So hat China eine Möglichkeit, die wichtigsten Befürworter der Zölle in der EU - nämlich Frankreich und Spanien - zu bestrafen." Es gebe schon eine Untersuchung zu französischem Brandy. Und es gebe Anzeichen dafür, dass es eine Untersuchung zu Schweinefleisch aus der EU geben könnte.
Im vergangenen Jahr hatte Spanien mit knapp 23 Prozent den größten Anteil an den chinesischen Schweinefleischeinfuhren. Das Handelsministerium in Peking erklärte bereits, chinesische Unternehmen hätten das Recht, Anträge für Antidumpinguntersuchungen zu europäischen Milch- und Schweinefleischimporten einzureichen.
Und auch "Zuckerbrot" für manche Staaten
China-Experte Huotari geht nach eigenen Angaben davon aus, dass China nicht nur auf Bestrafung setzt. Denn nicht alle EU-Mitgliedsstaaten befürworten die neuen Zölle. Man setze eben auch auf "Zuckerbrot", auf Gespräche mit Deutschland, Ungarn und Schweden: "Also hier wird sicherlich das ganze diplomatische Arsenal aus Peking ausgefahren, um diese Entscheidung zu revidieren oder zu korrigieren."