EU-USA-Gipfel Sorge vor dem nächsten Handelsstreit
Beim EU-USA-Gipfel steht das transatlantische Verhältnis auf dem Prüfstand. Denn schon bald drohen im Handelsstreit neue Strafzölle - und auch beim US-Klimaförderprogramm IRA gibt es Differenzen.
So schwierig und bedrückend die geopolitische Lage nach dem Terrorangriff der Hamas im Nahen Osten und angesichts des Ukraine-Krieges ist - wenigstens hält die transatlantische Partnerschaft. Die Einigkeit zwischen Washington und Brüssel bekräftigen - das wird eine wichtige Botschaft des heutigen Gipfels in Washington sein, erklärt ein EU-Diplomat im Vorfeld. Schwieriger wird der Nachweis, dass die transatlantische Freundschaft nicht beim Geld aufhört. Denn Handelsfragen bergen Zündstoff.
Strafzölle: Die Uhr tickt
So sind die von US-Präsident Joe Bidens Vorgänger Donald Trump 2018 verhängten Strafzölle gegen Europa nicht aufgehoben, sondern nur ausgesetzt: 25 Prozent auf Stahleinfuhren, zehn Prozent auf Aluminiumimporte. Gibt es bis Ende des Monats keine Lösung, dann greifen die Maßnahmen wieder - ebenso die EU-Gegenzölle auf Harley-Motorräder und Bourbon-Whiskey.
Beide Seiten wollen offenbar die Strafzölle nochmals aussetzen, um weiter an einer langfristigen Regelung zu feilen. Unterhändler arbeiten bis zuletzt an Details. Über das Thema Stahlzölle werde in der Vorbereitung des Gipfels noch diskutiert, erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen Anfang der Woche in Luxemburg. Der stellvertretende EU-Kommissionschef Valdis Dombrovskis, zuständig für Handelsfragen, sprach von "erheblichen Fortschritten in den Verhandlungen", aber auch von einigen Gräben, die noch überbrückt werden müssten. Ziel sei ein weltweites Stahl- und Aluminiumabkommen.
Vereinbar mit Welthandelsregeln?
Diese Vereinbarung würde es beiden Seiten erlauben, Abgaben von Ländern zu fordern, die bei der Stahlherstellung stark auf fossile Brennstoffe setzen - so wie China. Denn die US-Regierung erwartet als Bedingung für den Verzicht auf ihre Strafzölle von den Europäern, dass sie sich in die Front gegen Peking einreihen.
Washington schlägt der EU vor, gemeinsam gegen Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt vorzugehen. Ein transatlantischer Club gegen hochsubventionierte Aluminium- und Stahlwerke in Drittstaaten - das sieht der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), allerdings kritisch: "Das finde ich einen gefährlichen Weg, weil wir uns dann zwar einseitig ins Boot der USA setzen, aber damit natürlich viele andere Handelspartner verärgern, nicht nur China."
Nach Langes Worten hängen die EU und besonders Deutschland stärker vom weltweiten Handel ab als die USA. Europa habe deshalb ein besonders großes Interesse, WTO-Regeln einzuhalten. Auch EU-Staaten dringen nach Angaben eines EU-Diplomaten auf eine Regelung, die mit den Vorgaben der Welthandelsorganisation vereinbar ist. Denen zufolge kann die EU aber anders als die USA keine direkten Strafzölle verhängen. Eine Möglichkeit wäre, dass Brüssel zunächst wie bei chinesischen Elektroautos Antisubventionsverfahren einleitet.
EU-Ärger über den "Inflation Reduction Act"
Auch der "Inflation Reduction Act" sorgt weiter für Verstimmung. Mit diesem milliardenschweren Programm will die US-Regierung grüne Technologien fördern. Aus EU-Sicht werden dabei europäische Firmen benachteiligt. So sind EU-Hersteller von Elektroautos ausgeschlossen, wenn sie nicht Grundstoffe für die Batterien aus Nordamerika beziehen. Die EU will europäischen Unternehmen über die Gründung eines Rohstoffklubs Zugang zur US-Förderung verschaffen.
Nach den Worten von Handelsexperte Lange müssten sich beide Seiten bemühen, weitere Türen zu öffnen: "Eine Tür wird ein Abkommen über Rohstoffe sein, was wir wahrscheinlich auf dem Gipfel dann zumindest mit einer politischen Einigung abschließen können." Der Druck, eine solche Einigung zu finden, ist hoch: Angesichts der angespannten Weltlage können weder Amerikaner noch Europäer weiteren Handelsstreit gebrauchen.