Nach Angriff auf Politiker Kretschmer sieht "eine neue Qualität" bei Gewalt
Bei Caren Miosga verurteilte der sächsische Ministerpräsident Kretschmer die jüngsten Angriffe auf SPD- und Grünen-Politiker in Dresden. Er forderte härtere Strafen für entsprechende Straftaten.
"Das erinnert uns an die wirklich dunkelsten Zeiten des Landes - und dem stehen wir gemeinsam entgegen", erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in der ARD-Talksendung Caren Miosga bezüglich der jüngsten Angriffe auf Politiker in Dresden.
Kretschmer hatte zusammen mit weiteren Politikern wie dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der Grünen-Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und dem SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil am Abend zusammen mit mehr als tausend Menschen in Berlin bei einer gemeinsamen Demonstration gegen Gewalt teilgenommen.
Auch in Dresden gingen Tausende auf die Straße, um ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen. Am Freitagabend war dort der SPD-Europapolitiker Matthias Ecke beim Aufhängen von Wahlplakaten körperlich angegriffen worden. Er musste anschließend mit schweren Gesichtsverletzungen in eine Klinik eingeliefert und am Sonntag operiert werden.
"Ein Phänomen, das sich in Deutschland ausbreitet"
Auch Wahlkämpfer der Grünen wurden in Dresden attackiert, mutmaßlich von derselben Gruppe, die auch Ecke angegriffen hatte. Inzwischen hat sich ein 17-Jähriger der Polizei gestellt und gestanden, Teil der Gruppe gewesen zu sein, die den SPD-Politiker attackiert hatte.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer begrüßte die Solidarität durch die Demonstrationen in Berlin und Dresden: "Das ist wirklich ein Rückenwind, ein mutmachendes Zeichen." Die Gewalt verurteilte er hingegen und zeigte sich besorgt ob der Verrohung des politischen Klimas: "Das ist eine neue Qualität. Das kann nicht unwidersprochen bleiben."
Die Gewalt sei "leider nicht auf eine Region beschränkt, sondern ein Phänomen, das sich in Deutschland insgesamt ausbreitet und dem wir ein Stopp-Zeichen entgegensetzen müssen", so der CDU-Politiker.
Kretschmer fordert härtere Strafen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte für kommenden Dienstag eine Sonderkonferenz angekündigt, auf der Bund und Länder den Umgang mit zunehmender Gewalt gegen Politiker beraten. "Ich hoffe, dass jetzt etwas beginnt", so Michael Kretschmer. "Straftaten gegen Menschen und Sachen müssen härter bestraft werden in Deutschland."
"Wenn man nicht mehr für seine Meinung streiten kann, wenn man nicht mehr einen fairen Wahlkampf machen kann, was ist das denn? Dann ist das keine Demokratie mehr", so der CDU-Politiker, der bei der Landtagswahl in Sachsen am 1. September um seine Wiederwahl kämpft.
CDU hält sich Koalitionsmöglichkeit mit BSW offen
Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk kritisierte Kretschmers CDU bei Caren Miosga dafür, eine Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen zu haben, andererseits aber offen für ein Bündnis mit Sahra Wagenknechts Partei zu sein. "Sahra Wagenknecht ist eine Kommunistin, die Walther Ulbricht und Josef Stalin verehrt hat." Sie und ihre außenpolitischen Vorstellungen, wie etwa der geforderte Austritt aus der NATO, seien der Grund, warum lange nicht mit der Linken koaliert worden sei.
Ministerpräsident Kretschmer erklärte, ebenfalls kein Fan von Sahra Wagenknecht zu sein: "Die Temperatur ist um fünf Grad gesunken, wenn sie den Raum betreten hat." Allerdings wisse er über die Mitglieder des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nicht genug, um sich ein Bild zu machen: "Ich finde, man kann zu dieser Truppe gar nichts sagen. Nichts, gar nichts ist geklärt."
Nicht einmal die Kandidaten für die kommende Landtagswahl seien klar, so Kretschmer. Er sehe der Parteibildung daher mit Interesse zu, wollte aber keine weitere Einschätzung oder Aussage zu möglichen Koalitionsmöglichkeiten treffen.
Kretschmer vergleicht Ampel mit DDR
Der sächsische Ministerpräsident kritisierte in der Sendung außerdem die Ampelregierung scharf. "Es kann doch nicht wahr sein, dass wir eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik haben und das nun mit neuen Schulden ausgleichen wollen. Das hat die DDR in den Staatsbankrott getrieben", so Kretschmer. Die SPD und der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hatten zuletzt eine Reform der Schuldenbremse gefordert, um den Staatshaushalt langfristig zu finanzieren.
Im vergangenen Herbst hatte das Bundesverfassungsgericht die geplante Finanzierung über die Umwidmung des Sondervermögens für die Corona-Hilfen gekippt. Das FDP-geführte Finanzministerium hatte daher der Bundesregierung ein strenges Spardiktat auferlegt, das mit Kürzungen bei den Ausgaben einhergeht. SPD und Grüne fordern stattdessen die Aufnahme neuer Schulden. Kretschmer lehnt diese Forderung ab, ebenso wie die FDP.
Kritik an Migrantenquote an sächsischen Schulen
Die Journalistin Elisabeth Niejahr warf dem sächsischen Ministerpräsidenten vor, dass die CDU in Sachsen Programmpunkte der AfD übernehme. So etwa habe der sächsische Kultusminister eine Quote für Migranten an sächsischen Schulen gefordert.
Michael Kretschmer verteidigte den Vorschlag: "Wir müssen die Anzahl an Migranten so gering halten für die nächsten Jahre, um dem Bildungsauftrag wieder gerecht zu werden." Aktuell sei es schwer, den Unterricht zu führen, wenn zu viele Migranten ungenügende Deutschkenntnisse vorwiesen.