Sexualisierte Gewalt in Katholischer Kirche Bischöfe wünschen sich Hilfe vom Staat
Nach dem Willen der Deutschen Bischofskonferenz sollen künftig unabhängige Experten über die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche wachen. Die Bischöfe hoffen, dass auch der Staat das Gremium unterstützt.
Die katholische Kirche in Deutschland will ihre Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt verbessern - auch mithilfe der Politik. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Aachener Bischof Helmut Dieser, warb für deren Beteiligung am geplanten Expertenrat.
Auch eine Mitwirkung von Vertretern von Parteien oder Parlamenten sei denkbar: "Wir haben da keine Ablehnung, sondern wir sind offen dafür, darüber genau nachzudenken“, sagte er in Dresden am Rande der Frühjahrs-Vollversammlung der katholischen Bischöfe. Der Expertenrat sei zwar kein politisches Instrument, betonte er, aber er brauche eine "gesellschaftlich anerkannte und kompatible Legitimation". Dabei könne die Politik helfen, sagte Dieser.
Burger: Keine konkreten Vorschläge
Er begrüße alle Vorstöße des Gesetzgebers, mehr Verantwortung beim Thema Missbrauch zu übernehmen, sagte Dieser. Er signalisierte aber zugleich, dass bisherige Gespräche über eine politische Beteiligung kaum Erfolge gezeigt hätten.
Auch Diesers Stellvertreter, der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, mahnte mehr Mitwirkung des Staates bei der Aufarbeitung von sexueller Gewalt in der Kirche an. "Es geht hier ja nicht nur um eine Problematik, die uns als Kirche betrifft, sondern auch die gesamte Gesellschaft", sagte er auf der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz.
Die Politik sollte wahr machen, was sie selbst immer einfordere. Bislang seien da aber keine konkreten Vorschläge zu hören. Es heiße immer wieder, "die Kirche kann es nicht, packt es nicht oder tut zu wenig". Die Bischöfe seien offen für die Mitarbeit des Staates. Man brauche die Expertise der Politik und wolle deren Mitgestaltung - etwa bei der Besetzung des Expertenrates, betonte Burger.
Zehn Experten sollen im Rat sitzen
Zuvor hatten die Bischöfe bei ihrer Vollversammlung in Dresden Einzelheiten zum Expertenrat beschlossen. Nach ihren Vorstellungen sollen dem Gremium bis zu zehn Experten unterschiedlicher Fachbereiche angehören, etwa aus Justiz, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik. Ferner sollen zwei Vertreter des bereits bestehenden Betroffenenbeirats dem Gremium angehören.
Die Experten sollen durch eine Auswahlkommission bestimmt werden, der kein kirchlicher Vertreter angehört. Laut Dieser wäre es der Bischofskonferenz am liebsten, wenn die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit ihrer Expertise diese Aufgabe übernehmen könnte. Sie habe zumindest schon eine Beteiligung zugesagt.
Dieser: Ständiger Beobachtungsdruck
Zum Januar 2024 soll der Expertenrat seine Arbeit aufnehmen. Hauptaufgaben sind jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern sowie zum Umsetzungsstand vereinbarter Standards und Richtlinien, inklusive "dringlicher Empfehlungen" zur Verbesserung und Weiterentwicklung.
Nach den Worten Diesers soll der Expertenrat nicht zuletzt eine Antwort auf den berechtigten Vorwurf sein, dass die Kirche sich nicht selber aufklären könne. "Der Expertenrat soll eigenständig seine Arbeit wahrnehmen und uns unter einen ständigen Beobachtungsdruck und einen beständigen Rechtfertigungsdruck bringen."