Synodalversammlung Eine andere Kirche wird sichtbar
Der Synodale Weg hat zahlreiche tiefgreifende Reformen in Gang gebracht. Werden alle umgesetzt, wird sich das Bild der katholischen Kirche massiv verändern. Doch der Weg ist mühsam.
Allmählich geht es ans Eingemachte beim Synodalen Weg, dem groß angelegten Reformprozess der katholischen Kirche. Priester müssen nicht mehr zölibatär leben, Frauen sollen Priesterinnen werden können, Homosexualität ist keine Sünde. Sätze, die teils jahrhundertelang wie in Zement gegossen waren, werden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Synodalen Weges in großer Freiheit in Frage gestellt und umformuliert.
Mit Mehrheiten rund um die 80 Prozent werden Papiere mit Forderungen verabschiedet, über die viele Katholiken vor fünf Jahren sich noch nicht mal zu diskutieren getraut hätten. Da ist schon sehr viel passiert.
Aber es ist ein durchaus mühsamer Weg. Der Reformprozess kämpft ja gleich an mehreren Fronten: Die Bischöfe stehen mit dem Rücken zur Wand.
Und immer mehr von ihnen trauen sich, das auch offen und schnörkellos zu sagen: Dass die Kirche in vielen Fragen jede Glaubwürdigkeit verloren hat. Dass es kaum noch möglich ist, Menschen zu finden, die zum Beispiel als Priester für diese Kirche einstehen.
Auf der anderen Seite sind engagierte Gläubige, die wütend sind, die an ihrer Kirche verzweifeln - über immer neue Missbrauchsfälle, über eigene Diskriminierungserfahrungen, über ein erstarrtes Machtsystem.
Sie alle warten darauf, dass sich die katholische Kirche wirklich verändert.
An der dritten Front sind viele Kirchenmitglieder, die sich innerlich längst abgewendet haben, denen es jetzt endgültig reicht und die ihren Austritt erklären, scharenweise. Sie haben vielleicht die Hoffnung schon aufgegeben, dass sich die katholische Kirche doch noch bewegt.
Und schließlich ist da Rom. Obwohl der Papst selbst der katholischen Weltkirche einen "synodalen Prozess" verordnet hat, erleben die Delegierten in Frankfurt den Vertreter des Vatikan nur als Bedenkenträger. Er warnt vor Parlamentarismus in der Kirche. Und mahnt, die deutschen Katholiken sollten die Einheit mit dem Papst nicht aufs Spiel setzen.
Kein Wort der Anerkennung, dass sich hierzulande Katholikinnen und Katholiken der Krise stellen, sich bemühen, die Zeichen der Zeit zu lesen und versuchen, aus dem Glauben heraus tragfähige Antworten für ein christliches Leben im 21. Jahrhundert zu finden. In Rom werden Veränderungen offenbar vor allem befürchtet.
Neuer Umgang mit Macht
Aber was hat der Synodale Weg bisher erreicht? Das eine ist: Die Delegierten haben einige Grundlagentexte diskutiert und mit sehr großer Mehrheit angenommen, die klare Weichen stellen für konkrete Reformvorhaben.
Dazu gehört ein Text, der einen neuen Umgang mit Macht in der Kirche beschreibt. Es geht um mehr Partizipation der Gläubigen, um die Kontrolle und zeitliche Begrenzung von Macht und um eine regelmäßige Rechenschaftspflicht auch der Bischöfe.
Ein anderer Text betrifft die Rolle von Frauen in der Kirche. Dass nur Männer die Kirche leiten können, schien bisher ein ehernes Gesetz in der katholischen Kirche. Ein umfangreiches Papier zeigt jetzt, dass es für diese Position eigentlich kein einziges gutes Argument gibt.
Mit großer Mehrheit wurde beim Synodalen Weg deshalb der Satz wiederholt: Nicht der Zugang von Frauen zum Priesteramt muss begründet werden, sondern im Gegenteil ihr Ausschluss.
Viele weitere Reformprojekte haben die Arbeitsgruppen entwickelt und die Delegierten unterstützt: Segensfeiern für Homosexuelle, die Freigabe des Zölibats, eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts. Wenn das alles umgesetzt wird, wird es das innere und äußere Bild der Kirche schon sehr verändern.
Klima in der Kirche stark verändert
Daneben kann aber gar nicht überschätzt werden, wie sehr der Synodale Weg schon jetzt das Binnenklima der Kirche verändert hat. Viele Bischöfe sind mit Angst in dieses Projekt eingestiegen, haben die Konfrontation mit den Laien gefürchtet. Mittlerweile haben alle wohl erlebt, wie produktiv und kreativ die Diskussionen sein können.
Der Synodale Weg bietet Raum für Argumente wie für Emotionen. Da kann es auch mal passieren, dass eine Bischofsäußerung scharf zurückgewiesen wird. Am Ende rauft man sich doch wieder zusammen, um die nötigen Veränderungen der Kirche voranzubringen.
Allerdings: Bis jetzt hat man sich zusammengerauft. Denn natürlich liegt über allen Debatten eine Spannung. Die einen fragen, ob die geplanten Veränderungen eigentlich radikal genug sind, ob der Synodale Weg nicht letztlich viel zu brav ist angesichts Drucks, der im Kessel herrscht.
Nötige Mehrheiten oft nicht sicher
Dann wieder ist die Frage, ob die Forderungen noch konsensfähig sind, ob sie die nötige Mehrheiten finden. Vor allem auf die Bischöfe wird geschielt: Tragen sie am Ende die Reformvorschläge mit, die heute noch als revolutionär bejubelt werden? Mit einer eigenen Sperrminorität könnten sie alles zu Fall bringen. Anderen wiederum ist das ganze Unternehmen letztlich doch noch immer zu ängstlich.
Diese dritte Synodalversammlung hat fürs erste wichtige inhaltliche Weichen gestellt. Und in der Art, wie hier diskutiert und miteinander gerungen wird, zeigt sich das Keimblatt einer neuen, einer anderen Kirche, die womöglich auch im 21. Jahrhundert bestehen könnte. Wenn da nicht am Ende die Gärtner aus Rom kommen und das vermeintliche Unkraut einfach ausreißen.