Israelisch-palästinensisches Restaurant Frieden geht durch den Magen
Jalil Dabit, der Palästinenser, und Oz Ben David, der Israeli, haben schon seit Jahren gemeinsam ein Restaurant in Berlin. Auch nach dem 7. Oktober machen sie weiter. Ihr Friedensrezept: Hummus statt Krieg.
"Make hummus - not war" prangt auf einem Plakat mit Peace-Zeichen auf Regenbogenfarben neben dem Eingang des "Kanaan". "Macht Hummus - nicht Krieg". Mit jedem Abendmenü kommt hier auch eine Portion Hummus, dieses cremige Püree aus Kichererbsen, Sesammus, Zitronensaft und Olivenöl, das es überall im Nahen Osten gibt.
Israelis wie Palästinenser, Libanesen und Syrer wollen ihn erfunden haben, ein jeder beansprucht den besten Hummus für sich. Das ging auch Oz Ben David, dem israelischen Marketingprofi und Jalil Dabit, dem palästinensischen Chefkoch so. Es war beim ersten gemeinsamen Hummus in einer Küche in Berlin, als den beiden klar wurde: Der Hummus ist unsere große Gemeinsamkeit. Uns verbindet mehr, als uns trennt.
Hummus und Humor verbinden - das Credo von Oz Ben David (links) und Jalil Dabit (rechts).
Hummus - die große Gemeinsamkeit
Also haben Dabit und David für ihren Hummus im "Kanaan" Traditionen, Rezepte und Zutaten ihrer beider Familien zusammengetragen - palästinensische und israelische. In ihrem Restaurant arbeiten Menschen aus Israel und Palästina, dem Iran und Syrien. Die Idee: Durch gemeinsames Kochen und Essen Respekt voreinander entwickeln.
In diesem Sinne haben die beiden inzwischen auch ein Kochbuch herausgebracht mit Familienrezepten und -geschichten, israelischen und palästinensischen, erzählt Oz Ben David: "Dieses Essen soll die Geschichte einer neuen Zukunft erzählen, einer neuen Welt, in der unsere Kinder keinen Hass, keinen Tod und kein Leid mehr kennen."
Nach dem 7. Oktober
Keinen Hass mehr wie am 7. Oktober, dem Tag, an dem die Terrororganisation Hamas Israel angriff. Oz Ben David war schockiert. Ein Teil seiner Familie war unter den Angegriffenen in einem der Kibbuze. Er dachte ans Aufgeben, schloss das Restaurant erstmal. Und er war wütend, fluchte gegen die Palästinenser, auch gegenüber Jalil Dabit.
Und der hörte einfach zu. "Ich war auch wütend, auch ich habe geweint", sagt Dabit am Telefon in Ramla südlich von Tel Aviv. Dort hat er seine Familie und noch ein Restaurant. Schließlich habe er zu Oz gesagt: "Wütend sein hilft doch nicht. Was wir machen, ist der beste Weg!" Auch das hat David geholfen. Ein paar Tage später haben sie wieder aufgemacht. Das "Kanaan" als Chance.
Es gebe ja eigentlich keinen Ort mehr, wo Israelis und Palästinenser sich noch miteinander unterhalten würden, sich die Geschichte des jeweils anderen anhören würden, meint Oz Ben David. Beide Seiten seien so sehr in ihrem eigenen Schmerz und Leid versunken, dass man total blind sei für die andere Seite. "Und das Kanaan hat es möglich gemacht, genau solche Momente zu schaffen, wo Feinde die Chance haben, Freunde zu werden."
Den Terror nicht gewinnen lassen, das treibt ihn seither an. "Nach dem 7. Oktober haben Jalil und ich verstanden, dass unsere Freundschaft stärker ist, als wir vorher dachten."
Am Anfang stand eine Geschäftsidee
Dabei stand am Anfang vor allem eine Geschäftsidee. 2015 wollten der palästinensische Chefkoch Dabit und der israelische Marketing-Profi David einfach eine Marke schaffen, um hochwertige Lebensmittel aus Nahost nach Europa zu importieren, wo es Boykotte sowohl gegen israelische als auch palästinensische Produkte gegeben habe, erinnert Marketing-Mann David. Und um Werbung dafür zu machen, habe man das Restaurant eröffnet, erzählt Chefkoch Dabit.
Doch nicht nur ihr Hummus, nicht nur ihr Restaurant, und ihr Catering- und Event-Service halten Oz Ben David und Jalil Dabit in diesen Zeiten zusammen, die für Israelis wie Palästinenser schwer sind. Sie haben auch den gleichen Sinn für Humor. Für ihr Kochbuch haben sie sich in ihrer Küche im "Kanaan" ablichten lassen, in schwarzen T-Shirts mit weißen Lettern auf der Brust: "Ich bin hummussexuell". Zusammen lachen können beim Kochen und beim Essen, auch das verbindet offenbar.