Ifo-Studie Bildungschancen in Bundesländern ungleich verteilt
Wer schafft es aufs Gymnasium? Die Chancen für Kinder aus schwierigen Verhältnissen hängen davon ab, in welchem Bundesland sie leben. Das zeigt eine Studie. In Bayern und Sachsen ist die Chancengleichheit demnach am geringsten.
Die Bildungschancen von Kindern aus benachteiligten Verhältnissen unterscheiden sich deutlich von Bundesland zu Bundesland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Münchner Ifo-Instituts. Die besten Chancen haben diese Kinder in Berlin und Brandenburg, die schlechtesten in Bayern und Sachsen.
Die Studie verglich die Wahrscheinlichkeit eines Gymnasialbesuchs für Kinder aus Familien, in denen kein Elternteil Abitur hat und die nicht zum oberen Viertel der Haushaltseinkommen gehören, mit der für Kinder aus günstigen Verhältnissen, wo es mindestens ein Elternteil mit Abitur gibt oder die Familie im oberen Viertel der Haushaltseinkommen liegt.
Berlin und Brandenburg mit besten Werten
Deutschlandweit besuchen demnach 26,7 Prozent der Kinder aus benachteiligten Verhältnissen ein Gymnasium. Aus günstigen sozialen Verhältnissen sind es 59,8 Prozent und damit mehr als doppelt so viele. Die besten Chancen haben Kinder mit einem eher ungünstigen familiären Hintergrund demnach in Berlin und Brandenburg. Dort ist es der Analyse zufolge etwa halb so wahrscheinlich, dass Kinder aus benachteiligten Verhältnissen ein Gymnasium besuchen, wie dass Kinder aus günstigen Verhältnissen diesen Schritt schaffen. Chancengleichheit wäre bei 100 Prozent erreicht. Bundesweit liegt dieser Wert bei 44,6 Prozent - in Berlin liegt er bei 53,8 Prozent und in Brandenburg bei 52,8 Prozent.
"Interessanterweise sind Berlin und Brandenburg die einzigen Länder, in denen die Kinder erst ab der siebten Klasse auf das Gymnasium wechseln", erklärte der Leiter des Ifo-Zentrums für Bildungsökonomik, Ludger Wößmann. In Sachsen mit 40,1 Prozent und Bayern mit 38,1 Prozent stehen die Chancen aufs Gymnasium für Kinder aus prekären Verhältnissen hingegen am schlechtesten. Auch Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bremen liegen bei der Chancengleichheit unter dem Bundesdurchschnitt.
Mit Abi 42 Prozent mehr Nettoverdienst
"Die Unterschiede sind statistisch, bildungspolitisch und wirtschaftlich bedeutsam", betonte das Ifo-Institut. So würden Menschen mit Abitur im Durchschnitt monatlich netto 42 Prozent mehr verdienen als diejenigen ohne Abi. "Das große Ausmaß der Ungleichheit der Bildungschancen ist zum Glück nicht unumstößlich", sagte Studien-Mitautor Florian Schoner. "Politische Maßnahmen könnten Kinder aus benachteiligten Verhältnissen gezielt fördern, am besten schon im frühkindlichen Alter."
Wichtige Ansatzpunkte seien eine gezielte Unterstützung von Eltern und Schulen in herausfordernden Lagen, eine datenbasierte Sprachförderung sowie Mentoring-Programme. Schließlich könnte auch eine spätere schulische Aufteilung etwas an der ungleichen Chancenverteilung ändern.
Daten aus dem Mikrozensus
Die Daten stammen aus dem Mikrozensus 2018 und 2019. Für eine Stichprobe von 102.005 Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 18 Jahren liefert er Informationen über den Gymnasialbesuch und den familiären Hintergrund. Die Fallzahlen reichen von knapp tausend Kindern in Bremen bis rund 23.000 in Nordrhein-Westfalen.