Neue Studie Die Einkommenskluft wird größer
Die Einkommen in Deutschland waren zuletzt so ungleich verteilt wie nie. Das geht aus einer Studie hervor. Demnach sei der sogenannte Gini-Koeffizient zuletzt gestiegen - ein "Armutszeugnis für Deutschland".
Die Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland hat laut einer Studie einen neuen Höchststand erreicht. Der Gini-Koeffizient, das gebräuchlichste Maß für Ungleichheit, habe Ende 2016 mit einem Wert von 0,297 um zwei Prozent höher gelegen als 2005. Im Vergleich zum Ende der 1990er-Jahre sei die Kennzahl sogar um rund 19 Prozent gestiegen.
Das geht aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Der Gini-Koeffizient kann Werte von 0 bis 1 annehmen. Bei einem Wert von 0 besitzen alle gleichviel, während der Wert 1 für maximale Ungleichheit steht, bei der eine Person alles besitzt.
"Entscheidende Entwicklungen an den Rändern"
Trotz der über Jahre guten wirtschaftlichen Entwicklung wächst die Ungleichheit der Einkommen der Studie zufolge weiter. Dies sei ein "Armutszeugnis für Deutschland". Die wachsende Ungleichheit liege vor allem an zwei Faktoren: Hohe Einkommensgruppen hätten "von sprudelnden Kapital- und Unternehmenseinkommen profitiert". Gleichzeitig seien die 40 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen zurückgefallen.
Derzeit wachse die Ungleichheit deutlich langsamer als noch zu Beginn des Jahrtausends, betonte die WSI-Expertin Dorothee Spannagel. Wer eine feste, reguläre Arbeitsstelle habe, habe zuletzt auch nach Abzug der Inflation spürbar mehr Einkommen zur Verfügung gehabt. Trotzdem gehe die Polarisierung in Deutschland weiter. Das liege unter anderem am großen Niedriglohnsektor. Es seien die Ränder, an denen "die entscheidenden Entwicklungen stattfinden", erklärte das WSI. Die Steuerpolitik der vergangenen zwei Jahrzehnte habe die Ungleichheit begünstigt.
Gegenmaßnahmen empfohlen
Um der wachsenden Ungleichheit entgegenzuwirken, empfehlen die WSI-Experten ein ganzes Bündel von staatlichen Maßnahmen: von der Stärkung der Tarifbindung über die Erhöhung des Mindestlohnes bis zu einer stärkeren Besteuerung von Spitzeneinkommen und sehr hohen Erbschaften.
Die Studie basiert auf der repräsentativen Befragung von 25.000 Menschen, die in Deutschland für das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) vorgenommen wird.
Auch Vermögen ungleich verteilt
Eine kürzlich veröffentlichte DIW-Studie kam zu dem Ergebnis, dass auch das Vermögen in Deutschland sehr ungleich verteilt ist: Demnach besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens (56 Prozent). Die ärmere Hälfte hat dagegen nur einen Anteil von 1,3 Prozent.