"Sicherheitspaket" nach Solingen Was die Ampel bei Asyl- und Waffenrecht plant
Ein absolutes Messerverbot auf Festen und in Fernzügen, Leistungskürzungen für ausreisepflichtige Asylbewerber, mehr Befugnisse für die Polizei: Was steckt im "Sicherheitspaket" der Bundesregierung? Ein Überblick.
Unter der Überschrift "Sicherheitspaket" bündelt das Regierungspapier auf sieben Seiten drei Schwerpunkte: "Verbesserungen im Waffenrecht", "Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus" und "Aufenthaltsrechtliche Maßnahmen".
Was ist in der Asylpolitik geplant?
Ausreisepflichtigen Geflüchteten, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, sollen die Sozialleistungen gestrichen werden. Ausgenommen soll lediglich die Finanzierung der Ausreise sein. Allerdings will die Regierung gleichwohl einen "menschenwürdigen Umgang" mit den Betroffenen gewährleisten. Diese europäischen Dublin-Verfahren will die Regierung zudem beschleunigen, auch durch eine bessere Koordination zwischen den Behörden von Bund und Ländern.
Die Bundesregierung will zudem intensiv daran arbeiten, Abschiebungen von Straftätern und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien zu ermöglichen. Bei schweren Straftaten will die Regierung die Schwelle für "schwerwiegendes Ausweisungsinteresse" senken, was Abschiebungen erleichtert. Beim Einsatz von Waffen soll dies auch für Jugendliche gelten. Menschen, die zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt wurden, sollen ausgewiesen werden, ab einem Jahr Freiheitsstrafe können sie deswegen ausgewiesen werden. Die Begrenzung auf bestimmte Gewaltdelikte wird aufgehoben. Befugnisse zur Feststellung der Identität von Geflüchteten etwa durch den Abgleich biometrischer Daten will die Regierung ausweiten.
Wenn Asylberechtigte in ihr Heimatland ausreisen, soll ihnen der Schutzstatus aberkannt werden. Ausnahmen sollen gelten für Geflüchtete aus der Ukraine sowie wenn die Reise "zur Erfüllung sittlicher Pflichten" notwendig ist, etwa zur Beisetzung naher Angehöriger.
Was ändert sich für die Ermittlungsbehörden?
Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus sollen ausgeweitet werden, etwa den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Die - auch automatisierte - Auswertung von Internetdaten zur Gesichtserkennung soll zugelassen werden. Ermittlungsbehörden sollen künftig öffentlich zugängliche Bilder biometrisch mit den Fotos von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen abgleichen dürfen. Das für Asylverfahren zuständige Bundesamt für Migration soll das ebenfalls dürfen, um die Identität Schutzsuchender zu überprüfen.
Ebenfalls ausgeweitet werden sollen Befugnisse für Finanzermittlungen zur Bekämpfung von Terrorfinanzierung. Das Instrument von Verboten islamistischer Vereine will die Regierung weiter konsequent anwenden.
Welche Änderungen sind im Waffenrecht geplant?
Messerverbote sollen deutlich ausgeweitet werden. Dieser Aspekt ist der mit Abstand umfassendste des Papiers. Bereits vor dem Angriff von Solingen plante Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Verschärfungen. Dem Papier zufolge soll es ein generelles Verbot für Springmesser mit Ausnahme bestimmter Berufsgruppen geben.
Ein absolutes Messerverbot soll künftig auf großen Veranstaltungen wie Volksfesten, Sportereignissen, Messen oder Märkten herrschen. Messerverbote sollen zudem künftig auch für kriminalitätsbelastete Orte, etwa Bahnhöfe, ebenso im öffentlichen Nahverkehr. Im Bahn-Fernverkehr soll es hierfür bundeseinheitliche Regeln geben. Für die Umsetzung soll der Bundespolizei erlaubt werden, Menschen verdachtsunabhängig zu kontrollieren.
Darüber hinaus ist eine Erweiterung des Straftatenkatalogs bei Delikten angedacht, die den Staat gefährden. Menschen, die rechtskräftig wegen einer solchen Tat verurteilt wurden, sollen demnach keinen Zugang zu Waffen- und Sprengstofferlaubnissen bekommen.
Die Maßnahmen richteten sich nicht gegen legale Waffenbesitzer, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann, dessen FDP eine Verschärfung des Waffenrechts lange abgelehnt hatte.
Gibt es noch weitere Maßnahmen?
Ja. Eine Arbeitsgruppe aus Wissenschaftlern und Praktikern soll herausfinden, wie sich die Radikalisierung gerade junger Islamisten zum Beispiel über Online-Medien besser unterbinden lässt.
Die noch laufenden Verhandlungen mit Drittländern außerhalb der EU zur Aufnahme von Flüchtlingen, darunter Moldau, Kenia und die Philippinen, sollen zum Abschluss gebracht werden.
Wie geht es nun weiter?
Über das Paket soll laut Faeser nun mit Ländern und der Union als größter Oppositionsfraktion im Bundestag gesprochen werden. Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter aller drei Ampel-Parteien angehören, soll nächste Woche erstmals zusammenkommen.