Nach Anschlag von Solingen Regierung einigt sich auf Sicherheits- und Asylpaket
Als Konsequenz aus der Messerattacke von Solingen hat sich die Bundesregierung auf neue Maßnahmen verständigt. So soll unter anderem das Waffenrecht verschärft und Leistungen für bestimmte Asylbewerber gestrichen werden.
Nach dem Messeranschlag von Solingen mit drei Toten hat sich die Bundesregierung auf ein Maßnahmenpaket zu Migration und Asyl sowie auf eine Verschärfung des Waffenrechts geeinigt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann und der Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Anja Hajduk, Details des Pakets vorstellte, sprach von "weitreichenden" und "harten Maßnahmen".
So soll auf Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen und anderen Großveranstaltungen ein absolutes Messerverbot eingeführt werden. Ebenso sollen die Länder ermächtigt werden, solche Messerverbote an "kriminalitätsbelasteten Orten" wie Bahnhöfen einzuführen. Auch im Fernverkehr der Bahn soll ein bundesweit einheitliches Messerverbot gelten.
Präventivmaßnahmen gegen Islamisten
Die Ampelkoalition will zudem präventiv gegen gewaltbereiten Islamismus vorgehen. Zur Verbesserung bei Aufklärung und Abwehr sollen Emittlungsbehörden weitreichendere Befugnisse bekommen - etwa um Geldströme kontrollieren zu können. Um Tatverdächtige effektiver identifizieren zu können, soll zudem die Befugnis für den Einsatz der "Gesichtserkennung" ausgeweitet werden.
Kein Geld mehr für bestimmte Asylbewerber
Auch will die Bundesregierung bestimmten Asylbewerbern staatliche Geldleistungen streichen. Dabei gehe es um Migranten, für die laut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staat zuständig ist, der der Rückübernahme zugestimmt hat, erläuterte Faeser.
Die SPD-Politikerin betonte aber auch: "In Deutschland wird niemand verhungern und auch nicht auf der Straße schlafen." Sozialleistungen in Deutschland sollten Betroffene dann aber nicht mehr erhalten - dafür sei dann ja das Zielland zuständig.
Buschmann zufolge soll damit Druck auf die Betroffenen ausgeübt werden, sich mit den Behörden in Verbindung zu setzen oder freiwillig auszureisen. Ein "besonderes Ausweisungsinteresse" solle dabei künftig auch für Jugendliche gelten. Zudem sollen dem FDP-Politiker zufolge diejenigen den Schutzanspruch in Deutschland verlieren, die "ohne zwingende Gründe" in ihr Heimatland zurückreisen, etwa für einen Urlaub.
Von dieser Regelung ausgenommen sind Ukrainer, die etwa ihre zum Militär eingezogenen Partner in der Heimat besuchen.
Abschiebung des mutmaßlichen Solingen-Attentäters gescheitert
Hajduk, die bei der Pressekonferenz Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen vertrat, sagte, man habe "nicht nur ein sehr ausgewogenes und damit vernünftiges, sondern auch ein wirksames Maßnahmenpaket verabredet". Dieses enthalte wichtige Schritte, um die Sicherheit in Deutschland zu stärken. "Dass das nötig ist, hat uns das schreckliche Attentat nochmal verdeutlicht."
Am Freitagabend hatte ein Mann bei den Feiern zum 650. Solinger Stadtjubiläum mit einem Messer drei Menschen getötet und acht verletzt. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. wurde festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft.
Nach der Dublin-Regelung hätte der Syrer im vergangenen Jahr nach Bulgarien überstellt werden können, die Abschiebung wurde jedoch nicht durchgeführt. Buschmann nannte es "schockierend", dass dies "einzig und allein" daran gescheitert sei, dass er beim ersten Versuch nicht angetroffen worden sei. So etwas müsse verhindert werden, betonte der Justizminister.
Gespräche mit Ländern und der Union
Nach der Tat war eine innenpolitische Diskussion über die Verschärfung von Waffen- und Asylrecht sowie Abschiebungen etwa nach Syrien und Afghanistan neu aufgeflammt.
Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Migration an, an der unter anderem Vertreter der Union als größter Oppositionsfraktion und der Länder beteiligt sein sollen. Das Gremium soll nun über das Maßnahmenpaket der Regierung beraten. Die Gespräche sollten laut Scholz "sehr zügig" beginnen.
Pro Asyl: Kürzungspläne für Asylbewerber "absehbar verfassungswidrig"
Einzelne Vorstöße, wie etwa die Streichung von Leistungen für manche Asylsuchenden, stießen bereits im Vorfeld auf Kritik. So nannte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl den Plan von FDP-Chef Christian Lindner zur Kürzung von Asylleistungen "absehbar verfassungswidrig".
"Das Bundesverfassungsgericht hat klar festgestellt: Sozialleistungen dürfen nicht aus vermeintlichen Abschreckungseffekten gestrichen oder willkürlich gekürzt werden", erklärte die Organisation gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.