Nach CDU-Parteitag "Kramp-Karrenbauer sollte ins Kabinett"
Ein Riss in der CDU? Diese Gefahr sieht Thüringens CDU-Chef Mohring nicht. Im Interview mit tagesschau.de betont er aber, dass es in der Partei einen starken Wunsch nach Veränderung gibt. Dazu hat er einen Vorschlag.
tagesschau.de: Eine neue Parteispitze mit Annegret Kramp-Karrenbauer und Paul Ziemiak - welches Signal geht davon aus?
Mike Mohring: Am Tag eins nach der Zeitenwende in der CDU ist das ein Tag des Aufbruchs. Wir erleben seit Wochen ein Fest der Demokratie in der CDU mit den Regionalkonferenzen, den inhaltlichen Debatten und jetzt die neue Personalaufstellung. Ich hoffe, das Signal ist: Ein gibt kein 'Weiter so', es gibt einen Aufbruch, diese CDU hat verstanden und wir werden uns künftig anders aufstellen, als wir das in der Vergangenheit getan haben.
"Ein wichtiges Signal an die Jüngeren"
tagesschau.de: Das Ergebnis für Frau Kramp-Karrenbauer war aber schon knapp, und das Ergebnis für Paul Ziemiak ist allenfalls mittelprächtig. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Mohring: Vielleicht sind zu wenig Stunden zwischen der Wahl der Vorsitzenden und des Generalsekretärs vergangen. Wir hatten drei überzeugende Kandidaten für den Parteivositz und ein nahezu ausgeglichenes Rennen im zweiten Wahlgang. Dennoch war es ein wichtiges Zeichen, die Parteispitze jetzt generationsübergreifend aufzustellen. Paul Ziemiak führt mit der Jungen Union den größten europäischen Jugendverband. Deswegen ist das ein starkes Signal an die Jüngeren in der Partei.
tagesschau.de: Dennoch sind nicht einmal zwei Drittel aller Stimmen kein starker Zuspruch. Was sind die Gründe?
Mohring: Ich würde es im Zusammenhang sehen mit der Entscheidung gestern, die so knapp war. Aber das Vertrauen in die neue Konstellation ist da, und jetzt muss man mit Arbeit beweisen, dass es gelingt und Brücken in der Partei und Brücken in der Gesellschaft bauen.
Vielfalt als Chance
tagesschau.de: Es gab hier in Hamburg teils sehr temperamentvolle Warnungen vor einer Spaltung der Partei. Wie tief sind die Risse in der CDU?
Mohring: Ich sehe keine Risse und sehe auch keine Spaltung. Vielmehr sehe ich eine Chance darin, dass es so viele geeignete Kandidaten gab und ein ausgewogenes Ergebnis. Die Partei hätte es jedem Kandidaten zugetraut. Diese Stärke muss jetzt ausgespielt werden. Wir müssen breit aufgestellt bleiben - nur dann sind wir eine Volkspartei.
tagesschau.de: Welche Rückmeldung bekommen Sie denn aus Ihrem Landesverband?
Mohring: Glückwünsche, weil Michael Kretschmer aus Sachsen und ich ins Präsidium gewählt wurden. Das war ein wichtiges Zeichen der Unterstützung für die neuen Länder und sollte man nicht kleinreden. Alle sind froh, dass nun eine Entscheidung getroffen wurde. Viele sagen, sie hätten sich Friedrich Merz als neuen Parteichef gewünscht - deshalb ist die Wahl ja auch so knapp ausgefallen. 18 Stimmen auf der anderen Seite mehr - und die Wahl wäre anders ausgegangen. Das unterstreicht noch einmal den Wunsch nach Veränderung.
tagesschau.de: Was muss jetzt geschehen, damit Sie in Thüringen Rückenwind für den Landtagswahlkampf im kommenden Jahr bekommen?
Mohring: Man muss wissen, warum wir bei den jüngsten Wahlen einen Denkzettel bekommen haben. Nicht wegen des Parteivorsitzes - sondern wegen des fehlenden Vertrauens in die Regierungspolitik. Dieses Vertrauen muss zurückgewonnen werden. Wir wollen die Ränder kleiner machen, die Spaltung in der Gesellschaft überwinden. Und dazu muss die Bundesregierung entscheidend beitragen. Wir müssen aufhören, uns zu streiten. Wir müssen die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, zu Ende führen. Wir müssen den Staat handlungsfähig halten, Freiheit und Sicherheit garantieren.
Damit die CDU wieder Erfolge feiern und bei Wahlen punkten kann, ...
Darauf muss auch die Parteichefin Einfluss nehmen. Deshalb wäre es gut, wenn Annegret Kramp-Karrenbauer in absehbarer Zeit mit am Kabinettstisch sitzen könnte. Dann kann es ein sehr erfolgreicher Prozess werden.
Das Gespräch führte Eckart Aretz, tagesschau.de