Nach dem Parteitag Die CDU - das nebulöse Einhorn
Bei der CDU bleibt nach dem Parteitag vieles im Vagen. Wie geht es nach dem Wachrütteln der innerparteilichen Demokratie weiter? Welche Ideen hat die CDU für Europa? Kramp-Karrenbauers Bild vom Einhorn passt ganz gut.
Das Einhorn ist ein Fabelwesen. Es bietet Raum für Interpretation. Wenn also die neue Vorsitzende der CDU in ihrer die Partei mitreißenden Bewerbungsrede die Union - also CDU und CSU - als "das letzte Einhorn Europas, die letzte große, existierende Volkspartei" bezeichnet, so steht das in vielerlei Hinsicht für den Ausgang dieses Parteitags. Die Tage in Hamburg lassen vieles im Nebulösen, auch Traumtänzerischen und im Vagen.
Die Angela-Merkel-Vertraute und neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer holt sich den Chef der Jungen Union als Generalsekretär an ihre Seite: Paul Ziemiak, der sich selbst eher dem Friedrich-Merz-Lager zugehörig fühlt. Die Botschaft ist wohl diese: Nach einem Wachrütteln der innerparteilichen Demokratie sollen nun alle Lager vereint den nächsten großen Aufgaben gestärkt entgegen sehen. Also den drei Landtagswahlen und auch der Europawahl im nächsten Jahr.
Mitdiskutieren nach Jahren der Nicht-Debatte
Doch hier beginnt schon das Vage: Zwar hinterlässt dieser offene Diskurs nicht zwingend eine gespaltene Partei, denn nach Jahren der Nicht-Debatte konnte jedes CDU-Mitglied in den acht Regionalkonferenzen mitdiskutieren und das allein ist eher ein integrativer als trennender Prozess. Aber es ist schwer vorstellbar, dass im nächsten Jahr nun Friedrich Merz etwa in Sachsen irgendwo während des Wahlkampfs für die CDU auf dem Marktplatz steht.
Doch genau das war die Hoffnung seiner Unterstützer: Der markige Rhetoriker holt der Partei abtrünnige Stimmen im großen Ausmaß. Traumtänzerisches und Erinnerungen an eine Zeit, in der es leicht unterscheidbare Volksparteien gab in einer noch nicht so komplexen, globalisierten Welt.
Die Inhalte gilt es noch zu benennen
Die Gegenwart ist ein Europa, das sich mehr und mehr aufteilt in Verfechter und Gegner einer liberalen und rechtsstaatlichen Demokratie. Und hier ist der zweite wichtige nebulöse Aspekt: Mit welchen konkreten Ideen wird die Partei, die etwa auf dem Parteitag durch den Europa-Spitzenkandidaten der Schwesterpartei, Manfred Weber, vehement für ein starkes, liberales und demokratisches Europa wirbt, mehr Menschen in den anstehenden Wahlkämpfen für sich einnehmen?
Das Wesen des Einhorns, seine wichtigen, inneren Werte, hat die neue CDU-Chefin zwar genau benannt und ihre Partei damit begeistert, aber die Eigenschaften, die Inhalte gilt es noch zu benennen.
Der kurzfristig wiederbelebte Mythos eines stärkeren konservativen Profils scheint wieder in den Hintergrund zu rücken - und die Zeit der asymmetrischen Demobilisierung, des Debattenstillstands, vielleicht auch. Das Einhorn lebt eben nicht mehr in einer so eindeutigen Welt und ob es ein passendes und glücksbringendes Symbol für eine mögliche Kanzlerkandidatin Kramp-Karrenbauer ist, wird sich nach den Wahlen zeigen.
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