Ziemiak neuer CDU-Generalsekretär Start mit Dämpfer
Nicht einmal zwei Drittel der Stimmen für den neuen CDU-Generalsekretär - der Start der neuen Parteispitze verläuft holprig. Der Kampf um den Parteivorsitz hat deutliche Spuren hinterlassen.
Wozu so ein Delegiertenabend doch gut sein kann. Am Rande der Tanzfläche, erzählt die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am Morgen des zweiten Tags des Parteitags der Christdemokraten, habe sie Paul Ziemiak überredet, für ihre Nachfolge als Generalsekretär der Partei zu kandidieren. Der bisherige Vorsitzende der Jungen Union, der bei einer früheren Anfrage abwinkt hatte, sagte zu.
Die Entscheidung für Ziemiak war die erste Personalentscheidung, die Kramp-Karrenbauer zu treffen hatte. Die Botschaft, die sie damit verband war: Einbindung der Kritiker, Verjüngung.
Ziemiak kommt aus Nordrhein-Westfalen, dem Landesverband der unterlegenen Kandidaten Friedrich Merz und Jens Spahn. Auch deshalb galt er bislang nicht als Unterstützer der Saarländerin - seine erste Absage an "AKK" hatte mit der Loyalität zu den NRW-Kandidaten begründet. Und er hatte sich mit scharfer Kritik an den Entscheidungen der Bundesregierung in der Zeit der Flüchtlingskrise profiliert. Und nun die Kehrtwende - können ihm die Delegierten, können ihm seine politischen Freunde dabei folgen?
Nicht einmal zwei Drittel
Das Ergebnis, mit dem die Delegierten Ziemiak dann wählten, spricht nicht dafür, und das muss auch der neuen Vorsitzenden zu denken geben. 62,8 Prozent der Stimmen bekam der 33-Jährige, nicht einmal zwei Drittel der Stimmen also. Aus der Jungen Union ist er anderes gewohnt - da wurde er zuletzt mit 91,1 Prozent im Amt bestätigt. Ziemiak nannte das ein "ehrliches Ergebnis", was man halt so sagt in solchen Situationen. Und er versprach, dass dies ein Ansporn für ihn sein werde, "hart zu arbeiten".
Wie die Dinge stehen, muss er das auch. Denn auch am Tag nach dem Wahlkrimi in den Hamburger Messehallen zeigt sich, welche Risse durch die CDU gehen und wie schwer die Unterstützer vor allem von Friedrich Merz an der Niederlage des früheren Fraktionschefs zu tragen haben.
CDU-Vize Julia Klöckner hatte das Gerede von einer Spaltung am Vorabend der Wahl noch ins Reich der journalistischen Fantasie verwiesen, von einem ganz normalen Wahlkampf gesprochen, der fair ausgetragen werde und mit dessen Ausgang alle Seiten vernünftig umgehen würden.
Laden zusammenhalten
Die Wirklichkeit stellt sich aber etwas anders dar. Carsten Linnemann etwa, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung, tritt am Vormittag während der Debatte um die Wirtschaftspolitik fast schon erregt ans Mikrofon, bittet Merz um weiteres Engagement bei den kommenden Wahlkämpfen und ruft dann aus: "Wir müssen den Laden zusammenhalten, verdammt noch mal!" Und er fügt hinzu, er wisse, dass das nicht einfach werde, aber es müsse doch erlaubt sein, das einmal zu sagen.
Ein "Laden", der Gefahr läuft, auseinanderzufliegen - derartige Worte lassen ahnen, wie ernüchtert der konservative und wirtschaftsliberale Flügel der CDU nach dem überaus knappen Erfolg von Kramp-Karrenbauer ist. Vom "Untergang" soll in manchen Kurznachrichten an Delegierte des Parteitags die Rede sein; ein Bild, das kurz vor dem Parteitag in einem Zeitungskommentar verwendet worden war und gegen das sich die neue Vorsitzende in ihrer Bewerbungsrede energisch gewehrt hatte.
Die Wünsche der Delegierten
Ein schärferes Profil bei der Inneren Sicherheit, ein anderer Blick auf die Migration, mehr Unterstützung für "die Fleißigen" und eine härtere Gangart gegenüber SPD und Grünen - wann immer diese Forderungen in den Reden der Bewerber für den Parteivorsitz erwähnt wurden, klatschten die Delegierten energisch.
Darauf wird das neue Tandem an der Spitze der Partei Rücksicht nehmen müssen - keine leichte Aufgabe, solange Angela Merkel an der Spitze der Regierung stehen wird. Eine scharfe Kehrtwende ist von der Kanzlerin nicht zu erwarten, zumal nach diesem Parteitag nicht, an dem sie sich gelassen und mit sich im Reinen präsentierte. Die Partei indes erwartet von ihrer neuen Vorsitzenden eine stärkere Profilierung.
Kramp-Karrenbauer will öffentlich nichts von einer Spaltung wissen und muss doch am Tag eins nach ihrer Wahl einen Dämpfer wegstecken, gemeinsam mit dem neuen Generalsekretär. Die Verhältnisse in der CDU sind auch mit der neuen Führung nicht einfacher geworden.