Schlechte Umfragewerte Kanzlerkandidat unter Druck
Die Umfragewerte stürzen ab, der Unmut in der Union wird lauter - Kanzlerkandidat Armin Laschet gerät zunehmend unter Druck. Während manche ihm demonstrativ den Rücken stärken, fordern andere ihn auf, endlich "Vollgas" zu geben.
Angesichts schlechter Umfragewerte erhöht sich der Druck auf Kanzlerkandidat und CDU-Chef Armin Laschet. Laschet müsse sagen, "welchen Weg er für Deutschland will", verlangte CSU-Generalsekretär Markus Blume. Zu seinen Forderungen an Laschet im Wahlkampf sagte Blume gegenüber RTL/ntv: "Da gibt es nur ein Wort, was jetzt notwendig ist: Vollgas, wir müssen Tempo machen." Zu den Umfragewerten der Union sagte er, es gebe "gewaltiges Potential nach oben". Dies gelte "gerade übrigens auch gemessen an dem gewaltigen Zuspruch, den Markus Söder nach wie vor genießt".
In den Umfragen hatte die Union zuletzt verloren, während die SPD zulegte und zum Teil an den Grünen vorbei auf Platz zwei zog. In der Frage der Kanzlerpräferenz liegt SPD-Kandidat Olaf Scholz deutlich auf Platz eins. Im neuen ARD-DeutschlandTrend bevorzugten jeweils 30 Prozent eine von der Union beziehungsweise der SPD geführte Bundesregierung - die Union verlor hier fünf Punkte, die SPD gewann sechs hinzu.
Rücktritt "besser, als gemeinsam unterzugehen"
Unmut macht sich auch in der CDU breit. Die "Bild"-Zeitung berichtete unter Bezug auf Teilnehmerkreise, die Düsseldorfer Abgeordnete Sylvia Pantel habe Laschet aufgefordert, Konsequenzen zu ziehen, wenn in zwei Wochen die Umfragen nicht besser würden. Sie wurde demnach mit den Worten zitiert: "Es ist besser, kurz und schmerzhaft zu reagieren als gemeinsam unterzugehen."
Nach Informationen der dpa bekam Pantel scharfen Gegenwind insbesondere von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und Ex-CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Von Abgeordneten hieß es aber auch, dass die Lage problematisch sei und von Laschet nun endlich etwas kommen müsse, sähen praktisch alle Abgeordneten so.
Frust in internen Chats
Der "Spiegel" berichtet, dass sich der Ärger in der CDU über die Lage der Partei auch zunehmend in internen Chats niederschlägt. In einer WhatsApp-Gruppe mit dem Titel "Team CDU" beklagte sich demnach ein Wahlkämpfer: Das Hauptproblem sei inzwischen, den Kanzlerkandidaten "schmackhaft" zu machen. "Wir wussten nicht, wo wir die Laschet-Plakate hinhängen sollen, sodass wir den wenigsten Schaden machen", schrieb er laut "Spiegel". "Am Ende hängt man sie dort auf, wo uns im Zweifel eh nur wenige Leute wählen." Ein weiteres Gruppenmitglied beschrieb die derzeitige Kommunikationsstrategie demzufolge als "Wahlkampf from hell".
Die Union startet am Samstag in die heiße Wahlkampfphase mit einer Kundgebung in Berlin, an der unter anderem Laschet, CSU-Chef Markus Söder und Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen.
Laschet will auf Team setzen
Laschet äußerte sich in einer Unions-Fraktionssitzung, der er zugeschaltet war, und erklärte, er wolle stärker als bisher auf ein Team setzen. "Wir müssen mehr Köpfe zeigen und zeigen, dass wir ein starkes Team haben", sagte er nach Teilnehmerangaben. Er kündigte an, mit den Themen würden in den nächsten Wochen auch die profilierten Köpfe der Union in einer Mannschaft sichtbar werden. "Während die SPD ihre Leute verstecken muss, können wir mit Stolz unsere kompetenten Köpfe zeigen. Sowohl aus den Ländern als auch aus der Bundestagsfraktion", wurde er zitiert. Die Breite der Union solle sichtbar werden.
In der Sitzung der Bundestagsabgeordneten wurde demnach auch Missmut über die Umfragewerte und Laschet deutlich. Gut fünf Wochen vor der Bundestagswahl am 26. September versuchte Laschet offenbar in der Fraktion, dem Ärger die Spitze zu nehmen. Der CDU-Chef machte klar, dass es bei der Bundestagswahl um eine Richtungswahl gehe. Im Wahlkampf müssten die Unterschiede zu SPD und Grünen herausgearbeitet werden. Laschet nannte die Themen Wirtschaft, Finanzen, Innere Sicherheit sowie die Außenpolitik.
Söder sichert "volle Unterstützung" zu
CSU-Chef Söder sagte in der Fraktionssitzung "Geschlossenheit" im Wahlkampf und "volle Unterstützung" für Laschet zu. Söder warnte, dass es "ein enges Rennen werden kann" und forderte: "Wir müssen jetzt kämpfen." CDU-Vize Jens Spahn schloss aus, dass Laschet als Kanzlerkandidat noch durch Söder ersetzt wird. Auf die Frage, ob er sich da zu 100 Prozent sicher sei, sagte er dem "Mannheimer Morgen": "Ja. Und Sie würden auch von Markus Söder keine andere Antwort erhalten." Zum Wahlkampf sagte Spahn: "Die nächsten fünf Wochen zählen."
Attacke auf FDP
Derweil schossen sich die Generalsekretäre von CDU und CSU auf die FDP ein. "Die FDP ist bei dieser Wahl keine Garantie für eine Regierung der bürgerlichen Mitte", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak dem "Spiegel". "Wer FDP wählt, muss in Kauf nehmen, dass er am Ende mit Saskia Esken und Kevin Kühnert am Kabinettstisch aufwacht." SPD-Chefin Esken und ihr Vize Kühnert werden dem linken SPD-Flügel zugerechnet.
Laschet kündigt "Planungsbeschleunigungspaket" an
Im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl will Laschet in den ersten hundert Tagen seiner Amtszeit ein "Planungsbeschleunigungspaket" vorlegen, zu dem auch ein "Fast-Track-Genehmigungsverfahren" gehören soll. Dieses Vorhaben werde er "zuallererst anpacken", sagte Laschet der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren und international nicht abgehängt zu werden, müsse man in Deutschland "schneller planen, genehmigen und umsetzen" können.
Das beschleunigte Verfahren solle unter anderem für Stromtrassen, Windräder und Bahnstrecken gelten sowie für Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, sagte er der Zeitung. "Dies nützt den Menschen unmittelbar: schnellere Bauzeiten, schnelleres Internet im ländlichen Raum, schnellere Bahnverbindungen."