Söder nach Machtkampf Der gestärkte Verlierer
Sein Platz bleibt in Bayern: Markus Söder geht als gestärkter Verlierer aus dem Duell mit Laschet hervor. Wer noch Zweifel an Söders Machtwillen hatte, hat sie jetzt nicht mehr. Doch die CSU steht nun vor einem Problem.
Zu den Besonderheiten des Kandidatur-Duells in der Union gehörte, dass Armin Laschet und Markus Söder grundverschiedene Fallhöhen hatten. Laschet, erst vor drei Monaten zum CDU-Chef gewählt, hätte bei einer internen Niederlage gegen die bayerische Schwesterpartei wohl gleich wieder seine Sachen packen können im Konrad-Adenauer-Haus. Auch seine Position als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen wäre massiv geschwächt gewesen, wenn die eigene Partei ihn ganz offiziell nicht als geeigneten Kanzlerkandidaten gesehen hätte.
Söder dagegen, der auf einer Adrenalin-Welle aus Umfragehoch und CDU-Zuspruch surfte, hatte einen deutlich geringeren persönlichen Einsatz: quasi keinen. Der CSU-Chef wollte Kanzlerkandidat werden, am Ende sogar unbedingt, aber er musste es nicht - ursprünglich lautete sein politisches Lebensziel: bayerischer Ministerpräsident.
Söders Machtwille ist final bewiesen
Insofern ändert sich bei der aktuellen Söder-Bestandsaufnahme wenig: Sein unbändiger Machtwille ist final bewiesen, seine CDU-Fans schätzen ihn weiter, seine Umfragewerte dürften erstmal gut bleiben.
Dass auch Söder es versäumt hat, in den vergangenen Jahren mit der CDU ein Verfahren für die Kandidatenkür zu vereinbaren, wird ihm in den eigenen Reihen kaum angelastet.
Erstaunen herrscht allerdings teils darüber, dass Söder für seine Ambitionen offenkundig auch eine völlig zerrupfte CDU in Kauf genommen hätte. Öffentlich mag das aber derzeit niemand sagen, um dem eigenen Parteichef nicht in den Rücken zu fallen. Immerhin: "Brachial" und "brutal" sei das Duell zwischen Laschet und Söder gewesen, das ist auch aus der CSU zu hören.
Als CSU-Chef weiter unangefochten
An Söders Dominanz in der CSU ändert die verpasste Kandidatur nichts. Der 54-jährige Franke bleibt unangefochtener Parteichef, hat einen loyalen Führungszirkel, lauscht bei Pressekonferenzen den Söder-Hymnen von Generalsekretär Markus Blume. Söders Chancen, die Partei wie angekündigt digitaler, weiblicher und grüner zu machen, sind weiter vorhanden - obwohl es bei der inhaltlichen Ergrünung parteiintern auch Skepsis gibt und die CSU einstweilen männerdominiert bleibt. Auch in Sachen Redlichkeit muss Söder der CSU, vorsichtig formuliert, noch Impulse geben, wie die von Habgier geprägten Masken-Geschäfte der Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter zeigen.
Kurzfristig wartet aber eine ganz andere Herausforderung. Denn bei den Christsozialen gibt es viele Zweifel an Laschets Kanzlerformat, sehr viele Zweifel sogar. Dass sie nicht flächendeckend geäußert wurden, liegt nur daran, dass Söder den Startschuss dazu im Ringen mit dem CDU-Chef nicht gegeben hat. Das war im Nachhinein betrachtet wohl klug, denn andernfalls hätten die anderen Parteien nun Zitate von CSU-Vertretern zur Verfügung, die dem inzwischen gemeinsamen Unions-Kanzlerkandidaten einen erfolgreichen Wahlkampf kaum zutrauen - und ihn auch sonst für führungsschwach halten.
Laschet-Plakate in Bayern? Eher nicht
Ob und wie die CSU angesichts dessen einen glaubwürdigen, engagierten und nicht skurril wirkenden Wahlkampf für Laschet hinlegen wird? Das ist unklar. Die Motivation an der Parteibasis ist noch überschaubar, jedenfalls legen das Nachfragen nahe. Denn an Infoständen und bei digitalen Veranstaltungen wird bei den meisten Anhängern die Frage aufkommen, warum man den "Kandidaten der Herzen" (Generalsekretär Blume über Söder) bitteschön nicht wählen kann.
Für Laschet könnten die Zweifel an seinen Fähigkeiten zu einem echten Problem werden. Die Union ist auf viele bayerische Wählerstimmen für die CSU angewiesen, zumal Umfragen ein knappes Ergebnis bei der Bundestagswahl vermuten lassen.
Die Zahl der Laschet-Plakate in Bayern könnte überschaubar bleiben, auch wenn Söder zuletzt in der Landtagsfraktion das Gegenteil angekündigt hat. Die CSU dürfte sich auf ihre Bundestagskandidatinnen und -kandidaten fokussieren, einen "Bayerischer Einfluss im Bund"-Wahlkampf aufsetzen und vor Grün-Rot-Rot oder Rot-Grün-Rot warnen.
Kanzler Söder brächte das Erfolgsmodell in Not
In der CSU ist übrigens umstritten, ob man überhaupt den Kanzler oder die Kanzlerin stellen sollte. Denn mit der Verantwortung für die gesamte Republik käme das eigene Erfolgsmodell in Not: Das Beste für Bayern rausholen, in der Bundesregierung auch mal Störfaktor sein - das wäre dann nur noch schwer möglich.
Insofern gibt es in der Partei, vereinzelt und hinter vorgehaltener Hand, auch Erleichterung darüber, dass der eigene Vorsitzende vorerst nicht ins Kanzleramt drängt. Dass es für Söder eine "Knochenarbeit" wäre, den Bundestagswahlkampf erfolgreich zu bestreiten, darauf hatte im Vorfeld Ex-Parteichef Erwin Huber hingewiesen.
"Mein Platz ist in Bayern": Auf diesen Satz, lange seine Antwort auf alle Kanzlerkandidatur-Nachfragen, ist Söder nun zurückgeworfen. Die Lage im Freistaat gestaltet sich unverändert, Söders Rolle als Ministerpräsident ist durch den Machtkampf mit Laschet nicht geschwächt. Zwar wären einige Freien Wähler, mit denen die CSU in Bayern seit 2018 koaliert, nicht dagegen gewesen, den präsenten und dominanten Regierungschef mit guten Wünschen nach Berlin zu verabschieden. Allerdings hätte das CSU-interne Rennen um Söders Nachfolge in der Staatskanzlei auch das Zeug für viel Unruhe gehabt.