Brexit Frustration in Berlin
In die Enttäuschung über die abermals gescheiterte Brexit-Abstimmung mischt sich in Berlin auch Wut. Denn eine Brexit-Verschiebung birgt viele Risiken.
Die Frustration ist nicht zu überhören. Außenminister Heiko Maas - kaum zurück aus Pakistan - will die Hoffnung auf eine Lösung zwar nicht ganz aufgeben. Aber, sagt er, mit dieser Entscheidung rücke man einem No Deal-Szenario näher.
Sein Staatsminister Michael Roth, ebenfalls SPD, macht klar, wer aus seiner Sicht die Verantwortung dafür trägt. Das "Schwarze-Peter-Spiel" könne so nicht weitergehen. "Einige Zyniker in Großbritannien meinen, sie könnten der Europäischen Union die Schuld in die Schuhe schieben. Wir sind gesprächsbereit, aber wir bekommen keine vernünftige Antwort, was die britische Seite eigentlich will."
Staatsminister Roth bemängelt die unklaren Aussagen der Briten in Verhandlungen.
Roth bezweifelt, dass ein Aufschub hilft. Es sei völlig unklar, was jetzt noch geregelt werden könne, sagte er im Deutschlandfunk. Eine Verlängerung der Frist werfe zudem zusätzliche Fragen auf.
Denn im Mai steht die Europawahl auf dem Terminkalender. Der Staatsminister gibt zu bedenken, dass falls es zu einer längeren Verschiebung käme - möglicherweise auch über den ersten Juli hinaus -, Großbritannien an den Europawahlen teilnehmen müsste. "Ob das durchsetzbar ist, da habe ich so meine Zweifel," so Roth.
Mögliche Teilnahme der Briten an der Europawahl ist umstritten
Genau das will der Spitzenkandidat der Konservativen in Europa, Manfred Weber, verhindern. Keine Teilnahme für die Briten an der Europawahl, forderte der CSU-Politiker im ZDF. Das "britische Chaos" dürfe nicht die gesamte EU infizieren.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister von der CDU, äußerte sich im rbb deshalb skeptisch zum Thema Aufschub. "Eine Fristverlängerung alleine wird das Problem nicht lösen." Die Europäische Union wolle zurecht vom Vereinigten Königreich wissen, welchen Nutzen eine Verlängerung denn hätte. "Darauf kann nur das britische Unterhaus eine Antwort geben. Und deshalb ist unser Appell an die Abgeordneten: Ihr müsst eurer Verantwortung jetzt gerecht werden. Wir haben wirklich kaum noch Zeit."
Die Grünen sind gegen einen No Deal-Brexit und befürworten ein zweites Referendum.
Die Hoffnung auf einen geregelten Brexit schwindet - auch bei der FDP. Ein No Deal wäre die schlechteste Option, twitterte Parteichef Christian Lindner. Florian Toncar, FDP-Mitglied in der deutsch-britischen Parlamentariergruppe des Bundestages, rät im Deutschlandfunk trotzdem dazu, sich darauf jetzt einzustellen. Die Bundesregierung habe sehr spät damit begonnen, sich mit dem schlechtesten Fall, der jetzt eingetreten sei, ernsthaft auseinanderzusetzen, so Toncar. "Aber ich glaube, dass das am Ende zu schaffen ist."
Die grüne Spitzenkandidatin für die Europawahl sieht das anders. Einen Brexit ohne Deal sollte man nicht zulassen, fordert Ska Keller. Wenn die britische Regierung im Parlament nicht weiterkomme, müsse sie notfalls noch einmal die Bürger fragen.