Nach erstem Brexit-Votum EU von Briten enttäuscht
Die EU bedauert das Votum des britischen Parlaments zum Brexit-Abkommen. Man habe alles Mögliche unternommen, um eine Einigung zu erreichen - jetzt sei das Risiko eines ungeregelten Austritts deutlich erhöht.
Das Votum des britischen Parlaments zum Brexit-Abkommen ist von der Europäischen Union mit Enttäuschung aufgenommen worden. Man sei "enttäuscht, dass die britische Regierung es nicht geschafft hat, eine Mehrheit für das Austrittsabkommen zu erreichen, auf das sich beide Seiten im November geeinigt haben", erklärten Sprecher von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk.
Die EU habe alles Erdenkliche für eine Einigung getan. "Wenn es eine Lösung für die derzeitige Blockade gibt, dann kann sie nur in London gefunden werden", hieß es Die Entscheidung erhöhe die Wahrscheinlichkeit eines ungeregelten Austritts "deutlich". Die übrigen 27 EU-Staaten würden einen "begründeten Antrag" Großbritanniens auf Verlängerung der Austrittsfrist über den 29. März hinaus in Erwägung ziehen. Aber: "Die EU27 wird eine glaubwürdige Begründung für eine mögliche Verlängerung und ihre Dauer erwarten", betonen die Sprecher.
EU-Verhandlungsführer Michel Barnier schrieb auf Twitter, das Brexit-Problem könne nur in Großbritannien gelöst werden. Die Vorbereitungen für einen harten Brexit seien jetzt wichtiger als je zuvor.
Maas: No-Deal-Szenario rückt näher
Die Bundesregierung reagierte ebenfalls enttäuscht auf das Votum. "Mit dieser Entscheidung rücken wir einem No-Deal-Szenario immer näher", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas. Wer das Abkommen ablehne, spiele "auf fahrlässige Weise mit dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger ebenso wie der Wirtschaft". Er hoffe dennoch, dass ein ungeregelter Brexit noch vermieden werden könne.
Bundesaußenminister Maas hält einen ungeregelten Brexit nach dem gestrigen Votum für immer wahrscheinlicher.
Die französische Regierung bedauerte das Abstimmungsergebnis. Man könne nun aber "unter keinen Umständen" eine Verlängerung des Verhandlungszeitraums ohne eine alternative, glaubwürdige Strategie Großbritanniens akzeptieren, teilte der Präsidentenpalast in Paris mit. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zeigte sich offen für eine Verschiebung des Brexits um ein paar Wochen.
EU-Parlamentarier fordern Kompromissbereitschaft
Führende Europaabgeordnete forderten das britische Parlament auf, einen parteiübergreifenden Konsens zum Brexit zu suchen. Nur dann gebe es einen Ausweg aus der Krise, erklärte der Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt. "Wenn dies passiert, werden wir uns voll engagieren."
Auch der CDU-Brexit-Experte Elmar Brok kritisierte, Großbritannien habe den Brexit ohne eine klare Vorstellung gestartet. Nun sei man in einer "fast aussichtslosen Situation". Die EU dürfe sich nicht weiter treiben lassen. Eine kurze Verlängerung der Brexit-Frist von etwa drei Monaten wäre denkbar, aber keine längere Hängepartie, sagte Brok.
Auf die Frage ob ein ungeregelter Brexit Ende März besser wäre, sagte der CDU-Politiker: "Wenn das die Konsequenz ist, neige ich fast dazu, obwohl ich mich innerlich noch wehre, weil das wirklich eine schlimme Situation ist, allerdings weit schlimmer für Großbritannien."
Die Linken-Fraktionschefin Gabi Zimmer erklärte: "Die überwältigende Ablehnung des Brexit-Vertrags im britischen Unterhaus frustriert mich total." Die EU habe jahrelang verhandelt und sei Großbritannien nochmals entgegengekommen. "Aber sie verspielen diese letzte Chance leichtfertig. Wir sehen ein Parlament, das sich im Parteiengezänk selbst zerlegt."