Olympische Spiele in Paris Stimmungsmache mit Falschmeldungen
Die Olympischen Spiele sorgen weltweit für Aufmerksamkeit. Das machen sich auch Desinformationsakteure zunutze, um mit gezielten Falschmeldungen Ängste zu schüren. So versucht Russland beispielsweise, die Terrorgefahr anzuheizen.
"Flüsse aus Blut werden durch die Straßen von Paris fließen": Die Drohung, die ein vermeintlicher Kämpfer der militant-islamistischen Hamas in einem Video ausspricht, scheint sehr ernst. Der Mann, der eine palästinensische Flagge vor sich trägt, sagt, dass solche Angriffe eine Vergeltung für die französische Unterstützung Israels und die Anwesenheit israelischer Athleten bei den Olympischen Spielen sein werden. Dabei ist das Video wahrscheinlich nicht echt.
Denn nicht nur das gesprochene Arabisch des Mannes ist fehlerhaft, auch die Verbreitung erfolgte zuerst über prorussische Accounts in den sozialen Netzwerken. Die Hamas selbst dementierte zudem, für das Video verantwortlich zu sein und nannte es eine Fälschung. Experten vermuten daher, dass Russland hinter diesem Video steckt, um damit gezielt zu verunsichern.
Dieses angebliche Drohvideo ist sehr wahrscheinlich ein Fake.
Es wäre nicht das einzige Beispiel dafür, wie Russland versucht, die Terrorgefahr in Frankreich während der Olympischen Spiele als Anknüpfungspunkt für Desinformation zu nutzen. Dass bei solch einem Großereignis die Terrorgefahr erhöht ist, gilt als unstrittig. In Frankreich wurde daher bereits im März nach dem Anschlag in Moskau die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Diese Angst vor einem möglichen Attentat will Russland offenbar verstärken.
Desinformation über Gefahr von Terroranschlägen
So gibt es noch weitere Fälle von russischer Desinformation in diesem Zusammenhang, wie eine Untersuchung des Microsoft Threat Analysis Center zeigt. In einem gefälschten Video eines französischen Nachrichtensenders wurde beispielsweise behauptet, dass 24 Prozent der Eintrittskarten für die Olympischen Spiele aus Angst vor Terroranschlägen zurückgegeben worden seien. Es gab auch ein gefälschtes Video, in dem vermeintlich die CIA und der französische Nachrichtendienst DGSI dazu raten, den Olympischen Spielen wegen der Terrorgefahr fernzubleiben.
Neben dem wohl gefälschten Hamas-Video wurden dem Microsoft Threat Analysis Center zufolge auch weitere Falschmeldungen geteilt, um für Unsicherheit speziell bei Israelis zu sorgen. So seien Bilder mit mutmaßlich digital erzeugten Graffiti in den sozialen Netzwerken aufgetaucht, die Gewalt gegen israelische Bürger androhten, sollten sie die Olympischen Spiele besuchen.
Altes Video für rassistische Hetze
Doch nicht nur von russischen Kanälen aus wird Desinformation zu den Olympischen Spielen verbreitet, auch in rechtspopulistischen Kreisen werden einige Falschbehauptungen aufgestellt. So wurde unter anderem ein Video verbreitet, dass angeblich zeigen soll, wie in Paris ein Reisebus während der Fahrt ausgeraubt wurde. Dazu heißt es: "Neue Olympische Disziplin - Gepäck klauen", auch "Teile der französischen Neubürger" wollten bei den Spielen "nicht im Abseits stehen". Dabei ist dieses Video bereits mehrere Jahre alt.
Zudem handelt es sich nicht um Paris, sondern um die französische Stadt Grenoble im Südosten Frankreichs. Über die Tat berichteten im Jahr 2018 zahlreiche Medien.
Manipuliertes Foto von trans Frau
Auch transfeindliche Desinformation wird viel verbreitet. So wird behauptet, dass angeblich zahlreiche trans Frauen unfairerweise an den Olympischen Spielen teilnehmen würden und ihren Konkurrentinnen daher haushoch überlegen seien. So zum Beispiel im Fall der algerischen Boxerin Imane Khelif, die allerdings gar keine trans Frau ist.
Es werden auch bearbeitete Bilder verbreitet, um trans Frauen zu diskreditieren. Ein manipuliertes Foto von der US-amerikanischen Schwimmerin Lia Thomas wurde besonders oft geteilt. Thomas ist trans und begann ihre Geschlechtsangleichung im Jahr 2019. Bei den Olympischen Spielen darf sie nicht teilnehmen, da derzeit nur Ausnahmen gelten, wenn die Geschlechtsanpassung vor dem zwölften Lebensjahr vollzogen wurde. Dagegen ging Thomas vor und scheiterte damit vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS).
Dieses manipulierte Bild von Lia Thomas wird viel verbreitet.
In transfeindlichen Kreisen wurde das als Anlass genommen, das manipulierte Foto von Thomas zu verbreiten. Es zeigt die Schwimmerin im Badeanzug mit sich stark abzeichnenden männlichen Genitalien. Dazu heißt es im ironischen Unterton: "Einfach nur ein Foto einer SCHWIMMERIN". Allerdings zeigt das Originalbild, dass die Auswölbung im Genitalbereich ursprünglich nicht zu sehen ist und das Bild im Nachhinein bearbeitet wurde, um diesen Eindruck zu erwecken.
Kein christlicher Protest wegen Eröffnungsfeier
Auch im Zusammenhang mit der Eröffnungsfeier wurden queerfeindliche Inhalte verbreitet - viele sahen dabei das letzte Abendmahl vom Maler Leonardo da Vinci parodiert. Dabei haben zumindest der Regisseur der Eröffnungsfeier und auch das Organisationskomitee der Olympischen Spiele (OCOG) darauf hingewiesen, dass gar nicht der Fall gewesen sei. Vielmehr sei die entsprechende Szene von der griechischen Mythologie inspiriert gewesen, so wie im Gemälde "Das Fest der Götter".
In den sozialen Netzwerken wurde daraufhin verbreitet, dass in Frankreich angeblich christliche Gläubige auf die Straße gegangen seien, um gegen die Eröffnungsfeier zu protestieren. Allerdings zeigte das in dem Zusammenhang verbreitet Video kein aktuelles Ereignis, sondern eine katholische Himmelfahrtsfeier aus dem Jahr 2022 in der französischen Stadt Lourdes.
Auch ein weiteres Video, das verbreitet wurde, wurde bereits Wochen vorher aufgenommen und zeigt in Wahrheit eine Veranstaltung von Christen in Paris, die zusammengekommen sind, um Jesus zu feiern, wie die Nachrichtenagentur AFP schreibt.
Weitere Falschbehauptungen im Umlauf
Im Netz kursieren noch viele weitere Falschbehauptungen zu den Olympischen Spielen. So wird ein Video geteilt, das angeblich zeigen soll, wie im iranischen Staatsfernsehen die Körper der weiblichen Athletinnen zensiert werden. Allerdings stammt dieses Video bereits aus dem Jahr 2013 und ist zudem eine Parodie.
Auch die Behauptung, dass die israelische Olympia-Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Paris ihre Anstecknadeln mit der Aufschrift "Bring Them Home" (auf Deutsch: "Bringt sie nach Hause") für die von der Hamas gehaltenen Geiseln nicht tragen dürften und daher beschlossen hätten, mit einem Foto dagegen zu protestieren, ist falsch. Zwar gibt es das dazu geteilte Foto wirklich, auf dem eine Collage mit mehreren Schwimmern die Wörter "Bring Them Home Now!" formen. Allerdings wurde das Bild bereits im Jahr 2023 aufgenommen und nicht alle Schwimmer sind israelische Olympioniken.
Wie der Fotograf des Bildes gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte, wurde das Bild aufgenommen, um "die Wachsamkeit und die öffentliche Aufmerksamkeit für die Rückkehr der Entführten zu erhöhen, die am 7. Oktober 2023 aus Israel entführt wurden". Politische Botschaften während der Olympischen Spiele sind zudem generell verboten und zielen nicht speziell auf israelische Sportler ab.