Wahl in Südafrika Deep Fakes und fremdenfeindliche Narrative
Manipulierte Videos, russische Einflussnahme und fremdenfeindliche Rhetorik erschüttern Südafrikas politische Landschaft vor den heutigen Wahlen. Mehrere Faktoren machen die Bevölkerung besonders anfällig für Desinformation.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump richtet seinen Blick an der Kamera vorbei, im Hintergrund ist eine US-Flagge aufgestellt: "Der ANC von Cyril Ramaphosa hat alle Südafrikaner im Stich gelassen. Mit dieser neuen Partei, die von Präsident Jacob Zuma unterstützt wird, werden alle Südafrikanerinnen und Südafrikaner zählen. Wählt MK", sagt er. Trump spricht damit eine Wahlempfehlung für Jacob Zuma, den Ex-Präsidenten Südafrikas, aus.
Das Trump-Video, das eine knappe halbe Minute geht, ist jedoch gar nicht echt. Es handelt sich um einen sogenannten Deep Fake. Für Zuma kam das Video jedoch gelegen: Seine Tochter Duduzile Zuma-Sambudla teilte es selbst in den sozialen Medien.
Zuma nicht zur Wahl zugelassen
Zuma hatte eigentlich zur Nationalwahl mit seiner neu gegründeten Partei MK ("Umkhonto weSizwe") antreten wollen - doch das Verfassungsgericht in Johannesburg schloss Zuma vergangene Woche aus, weil er 2021 zu einer Haftstrafe von mehr als zwölf Monaten verurteilt worden war. Seine Partei MK ist dagegen weiterhin zugelassen.
Unter Zuma hatte die Korruption im Land ein Rekordniveau erreicht. Nach dem Ende seiner neunjährigen Präsidentschaft wurde Zuma wegen Missachtung der Justiz zu 15 Monaten Haft verurteilt.
Deep Fakes wie die des ehemaligen US-Präsidenten sind nur eine Möglichkeit, wie die Wahlen von Falschnachrichten geprägt werden können.
Falschinformationen heizen Fremdenfeindlichkeit an
Vor allem fremdenfeindliche Narrative spielen bei der Desinformation in Südafrika eine Rolle. Die Behauptungen über ausländische Arbeiter sind dabei größtenteils irreführend und übertrieben: Sie werden mit Parolen wie "Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg!" für die soziale Ungleichheit, hohe Kriminalität, Korruption und wachsende Armut in Südafrika verantwortlich gemacht.
Verbreitet werden diese Behauptungen unter anderem von der Bürgerbewegung "Operation Dudula". Sie tritt zwar nicht bei der Wahl zum nationalen Parlament an, jedoch bei einigen Wahlen für die Provinzregierungen, die ebenfalls heute stattfinden. Die seit 2020 aktive Bewegung ist dafür bekannt, fremdenfeindliche Narrative in den sozialen Medien zu verbreiten. Die Hetze der "Operation Dudula" richtet sich hierbei vor allem gegen Menschen aus anderen afrikanischen Ländern.
Ronald Irwin, leitender Dozent an der Fakultät für Film und Medien an der University of Cape Town, bestätigt: "Das fremdenfeindliche Narrativ ist leider immer noch sehr präsent und ist sicherlich Teil der Wahlstrategie der radikaleren und unverantwortlicheren Politiker in Südafrika."
Ausländeranteil wird stark überschätzt
Die neu gegründete Partei fußt auf einer Bürgerwehr-Bewegung: Auf Zulu, einer der Landessprachen Südafrikas, heißt "Dudula" übersetzt "vertreiben". Im Mai vergangenen Jahres fand erstmals eine nationale Versammlung der "Operation Dudula" statt, auf der skandiert wurde: "Verbrennt den Ausländer. Wir werden zur Tankstelle gehen, Benzin kaufen und den Ausländer verbrennen."
Die Anzahl der in Südafrika lebenden Ausländer wird jedoch stark überschätzt. So ergab der 2021 durchgeführte "South African Social Attitudes Survey", dass fast die Hälfte aller Südafrikaner glaubt, es gebe zwischen 17 und 40 Millionen Ausländer im Land. Dem Institut für Sicherheitsstudien (ISS) zufolge sind es aber lediglich ungefähr vier Millionen. Das entspricht einem Anteil von 6,5 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Russland polarisiert mit Desinformationen
Nach Recherchen des Africa Center of Strategic Studies haben sich Desinformationskampagnen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent seit 2022 vervierfacht. Auch Südafrika ist Opfer solcher Kampagnen, größtenteils aus russischer Hand. Kampagnen dieser Art zielen darauf ab, die Gesellschaft zu polarisieren und Misstrauen gegenüber den regierenden Parteien zu schüren.
Auch ein bekannter Name fällt in dem im März veröffentlichten Bericht des Africa Center of Strategic Studies: Duduzile Zuma-Sambudla. Die Tochter des Ex-Präsidenten trieb die prorussischen Kampagnen #IStandWithPutin und #IStandWithRussia maßgeblich voran, in dem sie auf Social Media offensiv für sie warb. Die Kampagnen starteten kurz nach dem 24. Februar 2022 - dem Tag, an dem Russland in die Ukraine einmarschierte. Zu dieser Zeit soll Zuma-Sambudla in Russland zu Besuch gewesen sein.
Russland ist dem Africa Center of Strategic Studies zufolge nicht nur in Südafrika für den Großteil der Desinformationskampagnen verantwortlich: In ganz Afrika unterstütze das Land 80 dokumentierte Falschinformationskampagnen. Neben Südafrika sind davon noch 21 weitere afrikanische Länder betroffen. In fast allen Fällen versucht Russland, Informationen zu verbreiten, welche die Demokratie schwächen könnten.
Influencer verbreiten prorussische Inhalte
Dass russische Propaganda einen Einfluss auf die südafrikanische Medienlandschaft hat, bestätigt auch Herman Wasserman, Vorsitzender der Journalismus-Fakultät an der Universität Stellenbosch: "In einigen Fällen war der russische Einfluss offensichtlich und direkt, wie zum Beispiel mit Websites, die eindeutig prorussische Propaganda enthalten und die neue politische Partei des ehemaligen Präsidenten Zuma zu unterstützen scheinen."
Neben Zuma-Sambudla gibt es noch weitere russlandnahe Influencer in Afrika. Das Africa Center of Strategic Studies nennt beispielhaft zwei populäre Meinungsmacher, die gemeinsam mehr als 28 Millionen Nutzer in den sozialen Medien erreichen würden. Bei den prorussischen Inhalten handele es sich meist um aus den russischen Medien und Fernsehen kopierte Nachrichten und Narrative. Mit einem Netzwerk Hunderter russlandnaher Konten werden die von den Influencern veröffentlichten Inhalte verbreitet und durch Interaktion unterstützt, so das Africa Center of Strategic Studies.
Journalismus unter wirtschaftlichem Druck
Dass Deep Fakes wie der von Trump oder Posts der "Operation Dudula" oft geklickt werden, liegt an vielen Faktoren, die Südafrikaner anfälliger für Desinformation machen - unter anderem der schwierigen Lage des Journalismus im Land: "Obwohl Südafrika über robuste, freie und unabhängige Medien verfügt, stellt der zunehmende wirtschaftliche Druck auf die kommerziellen Medien eine Herausforderung für ihre Lebensfähigkeit und die Ressourcen dar, die sie dem politischen Journalismus rund um die Wahlen widmen könnten", sagt Wasserman.
Gleichzeitig steigt die Zahl der Menschen in Südafrika, die soziale Medien nutzen, stetig. Aktuell nutzen sie 26 Millionen Menschen im Land - das sind mehr als 40 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Viele Landessprachen erschweren Kontrolle
Sowohl X als auch Meta, zu dem unter anderem Facebook, Instagram und Threads gehören, nutzen externe Dienstleister, um ihre Inhalte auf Falschnachrichten zu überprüfen. Die südafrikanische Wahlkommission unterstützt zudem die App "Real411", auf der falsche Nachrichten gemeldet und geprüft werden sollen. Bei der App, die von der Nichtregierungsorganisation Media Monitoring Africa entwickelt wurde, können die Nutzer mögliche Falschbehauptungen melden.
Dass Südafrika neben Englisch noch zehn weitere Landessprachen hat, vereinfacht die Verbreitung von Falschnachrichten. Denn: Falschmeldungen werden oft auf lokalen Landessprachen publiziert und sind somit bei der Kontrolle von Inhalten durch die externen Dienstleister weniger einfach zu erkennen.