Südafrika Ex-Staatschef Zuma vor Comeback?
Zumas Bilanz als Staatspräsident war verheerend. Doch das zählt für viele Südafrikaner nicht mehr. Ihre Unzufriedenheit könnte ihm zu einem Comeback verhelfen.
Für den Afrikanischen Nationalkongress (ANC) vergeht kaum ein Tag ohne schlechte Nachrichten. Die Umfragewerte sacken immer weiter in den Keller, aktuell steht die früher erfolgsverwöhnte Mandela-Partei bei gerade mal 37 Prozent.
Nach 30 Jahren Alleinregierung wird der ANC für alles verantwortlich gemacht, was in Südafrika schiefläuft - und das ist eine Menge. Wirtschaftlich kommt das Land nicht von der Stelle, die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut, die Kriminalität grassiert. Die Infrastruktur ist marode. Straßen sind voller Schlaglöcher, ständig fällt der Strom aus, wegen einer Wasserkrise sitzen große Teile von Johannesburg seit Wochen auf dem Trockenen.
Dazu kommen immer neue Korruptionsvorwürfe gegen führende ANC-Vertreter. Zuletzt musste Parlamentspräsidentin Nosiviwe Mapisa-Nqakula ihren Posten räumen: Sie wurde wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche angeklagt.
Ein Alptraum für den ANC
Und dann ist da auch noch Jacob Zuma. Der ehemalige Präsident und ANC-Chef wird für die aktuelle Parteiführung allmählich zum Alptraum. Der 81-Jährige gehört schon lange zu den schärfsten Kritikern seines Amtsnachfolgers Cyril Ramaphosa und könnte den ANC bei der anstehenden Parlamentswahl Ende Mai die entscheidenden Stimmen kosten. Zuma tritt nämlich als Spitzenkandidat für die neugegründete Partei "MK" an, die gerade den Wahlkampf in Südafrika gehörig aufmischt, obwohl über ihre konkreten Ziele kaum etwas bekannt ist.
Wer "MK" als linksgerichtet und populistisch beschreibt, liegt zwar sicher nicht falsch. Das politische Programm der Partei aber heißt: Jacob Zuma. Und der hat trotz zahlreicher Korruptionsaffären während seiner Regierungszeit noch immer viele Anhänger, vor allem in der großen Volksgruppe der Zulu.
Manöver, die ihr Ziel verfehlen
Den ANC macht das zunehmend nervös. Gleich zweimal hat die Regierungspartei schon versucht, die gefährliche Konkurrenz gerichtlich zu stoppen, was politische Analysten für einen schweren taktischen Fehler halten. Denn der ANC ist mit seinen nach Expertenmeinung schlecht vorbereiteten juristischen Manövern nicht nur erwartbar gescheitert, sondern hat der neuen Zuma-Partei zusätzlich viel öffentliche Aufmerksamkeit verschafft und sie damit erst richtig stark gemacht.
Die "MK"-Anhänger sehen sich jedenfalls im Aufwind. Ihr Spitzenkandidat strotzt ebenfalls vor Selbstbewusstsein und formuliert ganz offen seinen Führungsanspruch: "Ich bin mit meiner Arbeit als Staatschef noch nicht fertig", hatte Zuma Anfang der Woche seinen Unterstützern zugerufen. Und: "Wenn mich die Menschen wollen, dann kann mich keiner aufhalten."
Hinterlassenschaften ohne Folgen
Aber wäre ein solches Comeback tatsächlich vorstellbar? Schließlich ist Zuma der umstrittenste Politiker in der Geschichte des demokratischen Südafrika. Während seiner Präsidentschaft von 2009 bis 2018 blühte die Korruption wie nie zuvor. Mit seinen Getreuen in Regierung und Wirtschaft hatte Zuma den Staat regelrecht ausgeplündert.
2021 war der Ex-Präsident wegen Missachtung gerichtlicher Anordnungen zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er sich geweigert hatte, zur Vetternwirtschaft in seiner Amtszeit auszusagen. Seiner Beliebtheit in großen Teilen der Wählerschaft tut das aber ganz offensichtlich keinen Abbruch.
Laut jüngsten Umfragen ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass "MK" zusammen mit anderen Oppositionsparteien eine Mehrheit gegen den ANC organisiert. Der Weg für Zuma zurück an die Staatsspitze wäre damit frei - zumindest in der Theorie.
Wie sehr kann die Verfassung strapaziert werden?
Denn eigentlich verbietet es die südafrikanische Verfassung, dass Zuma erneut nach der Präsidentschaft greift. Erlaubt sind ausdrücklich nur zwei Amtszeiten als Staatsoberhaupt, und die hat der 81-Jährige bereits absolviert. Allerdings könnte sich hier ein rechtliches Schlupfloch auftun.
Der mit allen juristischen Wassern gewaschene Politprofi lässt seine Anhänger jedenfalls schon verbreiten, dass er seine zweite Präsidentschaft vorzeitig beendet habe und ein halbes Jahr früher als geplant ausgeschieden sei. Was die "MK"-Fans dabei gerne verschweigen: Zuma hatte die Union Buildings, den Regierungssitz in Pretoria, keineswegs freiwillig verlassen, sondern war vom ANC, seiner damaligen Partei, wegen der massiven Korruptionsvorwürfe fallengelassen und zum Rücktritt gedrängt worden.
So mancher im ANC glaubt deshalb, dass es Zuma bei seinem politischen Comeback in erster Linie um einen persönlichen Rachefeldzug geht.