Bewährungsprobe für die EU "Die Ukraine darf nicht versagen"
Noch immer haben die Oligarchen großen Einfluss, die Korruption blüht, um einen Frieden wird gerungen. Die Ukraine benötigt dringend Hilfe, um sich zu stabilisieren. Doch Geld aus der EU gibt es nur gegen Reformen, weiß Premier Jazenjuk.
"Dringende Reformen, völligen Wandel und eine Europäische Zukunft" verspricht eine Art Werbevideo des ukrainischen Innenministeriums. Das ist ein Dreiklang, der trotz der darunter liegenden dramatischen Musik in EU-Ohren ein Wohlgefühl auslösen dürfte.
Erst kürzlich verkündete der ukrainische Premier Arsenij Jazenjuk bei einer Fragestunde der Denkfabrik "European Policy Center" in Brüssel: "Die Zeit ist gekommen, die Steuern zu erhöhen, überhaupt Steuern zu zahlen, die Korruption zu bekämpfen, die Strom- und Gaspreise anzuziehen sowie einige Sowjet-Stil-Sozial-Ausgaben zu streichen und härter zu arbeiten."
Jazenjuk weiß, dringend benötigte Milliarden für das Jahr 2015 gibt es auch von der EU nur im Rahmen eines Tauschgeschäfts: Geld gegen Reformen. "Um das Jahr 2015 zu überstehen, braucht die Ukraine dringend ein Paket mit finanziellen Hilfen", betonte er.
Oligarchen "an den Hebeln der Macht"
Auf der Rangliste der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International landet die Ukraine derzeit auf Platz 142 von insgesamt 175 untersuchten Staaten. Was auch daran liegt, dass lokale Machthaber- sogenannte Oligarchen - nach wie vor stark sind. "Die sitzen an den Hebeln der Macht und haben auch Einfluss auf die Parteien im neuen Parlament", sagt Olena Kifenko von Transparency Ukraine im ARD-Interview, "daher ist es dringend notwendig, dass wir ein Gesetz zur Parteienfinanzierung bekommen."
Sie glaubt aber grundsätzlich, der Wille zum Wandel sei in ihrem Land nun endlich spürbar. Und zwar auch, weil die Ukraine nun genauer als je zuvor wisse, in welche Richtung sie auf keinen Fall wolle. "Die Menschen haben jetzt Angst vor Russland", sagt Kifenko.
Der ukrainische Premier meint: Sein Land sei nun so geeint, dass es die durchaus schmerzhaften Reformen zu ertragen bereit sei.
2015 - ein hartes Jahr
Paradox: Bei dem Versuch, die Ukraine russischer zu machen, habe Moskau sie eigentlich noch europäischer gemacht, finden hier viele. Trotzdem: Beiden - der Ukraine und der EU - steht ein hartes Jahr bevor.
Der neue EU-Ratspräsident, der Pole Donald Tusk, betont: "Wenn wir über die Zukunft der Ukraine sprechen, reden wir auch über unsere eigene Zukunft." Ihm dürfte bewusst sein: Wenn die Ukraine scheitert, dann scheitern dort auch die EU und ihre Ideale.
Und scheitern kann das Land entweder daran, dass es sich dauerhaft im Kriegszustand befindet oder von der heimischen Wirtschaft in den Abgrund gezogen wird. Beides wird die EU versuchen zu verhindern - im ukrainischen und im eigenen Interesse. Premier Jazenjuk weiß: Zu versagen ist seinem Land sozusagen verboten.