EU-Vertrag verfassungsgemäß Niederlage für EU-Kritiker
Tschechiens EU-Kritiker hatten noch einmal alles gegeben, um das Urteil des Verfassungsgerichts zum Lissaboner Vertrag hinauszuzögern. Doch die Richter ließen sich nicht mehr aufhalten und erklärten den Vertrag für verfassungsgemäß. Wann allerdings Präsident Klaus, als letztes EU-Staatsoberhaupt, das Werk unterschreibt, ist noch offen.
Von Christina Janssen, ARD-Hörfunkstudio Prag
Das Urteil war keine Überraschung: "Der Lissabon-Vertrag insgesamt und in seinen einzelnen Paragraphen", so der Vorsitzende Richter Pavel Rychetsky, "steht nicht im Widerspruch zur Verfassungsordnung der tschechischen Republik."
Nicht einmal die Kläger selbst, eine Gruppe EU-kritischer Senatoren, hatten mit einem anderen Verdikt gerechnet. Denn schon vor knapp einem Jahr hatten sich die tschechischen Verfassungsrichter mit dem Lissabonvertrag befasst und die umstrittensten Passagen für unbedenklich erklärt. Aus Sicht der tschechischen Lissabon-Gegner ist das Urteil eine möglicherweise endgültige Niederlage.
Das Verfassungsgericht ließ sich von den EU-Kritikern nicht mehr aufhalten.
Keine weiteren Forderungen mehr vom Präsidenten
Damit die EU-Reform europaweit in Kraft treten kann, fehlt nun einzig die Unterschrift des mächtigsten EU-Kritikers, Präsident Vaclav Klaus. Und er hat bereits angekündigt, endlich einzulenken. Denn die letzte Bedingung für seine Unterschrift wurde auf dem EU-Gipfel in Brüssel vergangene Woche erfüllt: Tschechien bekommt eine Ausnahmeklausel zur europäischen Grundrechtecharta. Über seinen Kanzleichef Jiri Weigl ließ Präsident Klaus darauf wissen: "Die Bedingung des Präsidenten für die Ratifizierung wurde erfüllt. Weitere Forderungen beabsichtigt der Präsident nicht zu stellen."
Richter werfen EU-Kritikern Behinderung vor
Vergangene Woche hatten die EU-Kritiker in der öffentlichen Anhörung vor dem Verfassungsgericht in Brünn (Brno) noch einmal alles gegeben, um den Prozess zu bremsen. Zuerst warfen sie dem vorsitzenden Richter Befangenheit vor. Dann versuchten sie, die Klage noch einmal spontan um etliche weitere Punkte zu ergänzen. Auch deshalb hatten sich die sichtlich genervten Verfassungsrichter mit dem Urteil auf heute vertagt. Dieses Verhalten der Kläger, betonte Richter Pavel Rychetsky noch einmal, habe an Obstruktion gegrenzt.
Klaus macht es spannend
Mit dem zustimmenden Urteil der Verfassungsrichter zum Lissabonvertrag ist das Ende des tschechischen Streits um die EU-Reform in greifbare Nähe gerückt. Für die tschechische Regierung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, den Lissabon-Vertrag bis zum Jahresende zu ratifizieren, geht damit ein monatelanges Tauziehen mit Präsident Klaus und dem EU-kritischen Lager zu Ende. Premier Jan Fischer kommentierte das Urteil mit den Worten, genau damit habe man gerechnet. Der Ratifizierung stehe nun nichts mehr im Wege. Jetzt richten sich alle Augen vermutlich ein letztes Mal auf Klaus. Dass er den Lissabonvertrag nun unterschreiben wird, gilt als sicher. Wann er es tun wird, als letztes Staatsoberhaupt der EU, hat er bislang offen gelassen.