EU und USA Bringt das neue Jahr den Bruch?
Die EU blickt sorgenvoll auf 2017 - dafür sorgt vor allem auch der künftige US-Präsident Trump. Wie sehr wird sich die noch partnerschaftliche Beziehung zu den USA wandeln? Und wie tief werden die Risse, die dadurch Europa zu spalten drohen?
Die Frage, ob die USA einen Präsidenten Donald Trump verkraften können, ist noch völlig offen. Mindestens ebenso dringlich stellt sich diese Frage aber auch für Europa: Kann ein Kontinent, dem durch eine nicht enden wollende Krisenserie das Auseinanderbrechen droht, es aushalten, dass der bald mächtigste Mann der Welt die britische Abspaltung von der EU offen begrüßt? Kann dieser Kontinent es verkraften, dass Trump im Wahlkampf Zweifel säte, ob er kleine europäische NATO-Alliierte im Ernstfall auch wirklich verteidigen würde?
Für die EU und die NATO noch schwer einzuschätzen: der designierte US-Präsident Donald Trump
"Ich bin absolut sicher, dass die USA zu ihren Sicherheitsgarantien für Europa stehen. Das hat der gewählte Präsident Trump in diversen Telefonaten mit europäischen Spitzenpolitikern und mit mir bestätigt", versucht NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu beruhigen. Er ist nicht der einzige, der es mit Beschwichtigung versucht.
Russlandfreundlicher Kurs weckt Zweifel
Doch wer kann garantieren, dass Trump nicht aus einer Laune heraus am Grundgerüst der Bündnisarchitektur rüttelt? Sowohl NATO- als auch EU-Partner hat beunruhigt, dass der künftige US-Präsident fest an eine Art "Deal" oder "Geschäft" mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu glauben scheint, auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, auch wenn er selbst zu den Förderern eines Dialogs mit dem Kreml zählt.
"Das Drücken des Reset-Buttons ist ja mit dem Anwachsen der Konflikte weltweit, bei denen sich die Interessen der USA und Russlands gegenüberstehen, nicht einfacher geworden", sagt Steinmeier.
Völlig ungewiss ist jedenfalls bislang auch, wie es sich auswirkt, dass Trump den Ölkonzern-Chef Rex Tillerson zum Außenminister machen will, der einst von Putin den "Orden der Freundschaft" verliehen bekam. Es sei bekannt, dass Tillerson sich gegen Russland-Sanktionen ausgesprochen hat", sagt der SPD-Außenpolitik-Experte Arne Lietz im ARD-Interview. Und er warnt: Sollte Tillerson bei dieser Linie bleiben, stelle er sich offen gegen die EU, die gerade ihre Russland-Sanktionen verlängert hat.
Eine Spaltung der transatlantischen Partnerschaft - das sei die große Gefahr und zudem das Traum-Szenario Putins, mahnen Politikexperten seit Langem. Denn Russland, das ungefähr die Wirtschaftskraft Italiens habe, könne nur stark erscheinen, wenn es seine Konkurrenten schwäche. Und zu denen zähle nun mal die EU.
EU - Vom Partner zur reinen Geschäftsbeziehung
Die Sorge, die die EU umtreibt, besteht also in erster Linie darin, dass Trump und alle Nationalisten, die ihm in Europa applaudieren - von LePen in Frankreich bis hin zur AfD in Deutschland - gemeinsam daran arbeiten, Europa zu zerlegen.
So weit will der Direktor des German Marshall Fund, Ian Lesser, nicht gehen. Er sorgt sich aber durchaus darum, dass der Geschäftsmann Trump eben nicht eine auf gemeinsamen Werten basierende Europa-Politik betreiben könnte: "Sie fußt bei ihm nicht auf gemeinsamen Interessen, seine Politik betrachtet die Beziehung zur EU lediglich als eine geschäftliche. Und das ist am Ende sehr zerstörerisch für die transatlantischen Beziehungen."
2017 wird andere Töne bringen
Bei aller Unsicherheit darüber, wie der Trump-Effekt sich wirklich auswirken wird - auf eins können sich die Europäer schon einstellen: Dass sie mehr für die eigene Sicherheit werden tun müssen - auch finanziell. Doch es besteht die Gefahr, dass es damit nicht getan sein wird. Lobeshymnen jedenfalls auf Europa, die keiner besser singen konnte als Noch-US-Präsident Barack Obama, wird man von jenseits des Atlantiks wohl kaum noch hören im Jahr 2017.