Monument in Großbritannien geortet Liegt neben Stonehenge ein "Superhenge"?
In direkter Nähe zum berühmten Steinkreis von Stonehenge im Südwesten Englands haben Wissenschaftler die Überreste einer weiteren prähistorischen Anlage entdeckt. Unter der Erde soll eine Formation aus bis zu 90 Steinen stehen, etwa 4500 Jahre alt. Es könnte sich um das größte jungsteinzeitliche Monument Großbritanniens handeln.
Als würden sich nicht schon genug Mythen und Legenden ranken um Stonehenge - um jenen Steinkreis aus bis zu 25 Tonnen schweren Kolossen, die seit rund 4000 Jahren im Süden Englands in der Landschaft stehen. Ein Monument, von dem die Archäologen bis heute nicht wirklich wissen, warum die Steinzeit-Menschen es exakt dort und in genau dieser Formation mühevoll platziert haben. Jetzt ist noch ein Rätsel hinzugekommen: Forscher spürten eine weitere gigantische Steinformation auf, etwa drei Kilometer entfernt, tief unter der Erde.
Was der Archäologie-Professor Vince Gaffney von der Uni Bradford entdeckt hat, ist mindestens eine Überraschung, womöglich eine Sensation. Mit Hilfe eines modernen Radargeräts haben er und sein Team das Erdreich unter einer bereits bekannten Anlage namens Durrington Walls abgesucht. Und sie stießen dabei auf die Überreste von bis zu 100 Monolithen, die stehend einst viereinhalb Meter hoch waren.
Es scheint aber, als wären diese massiven Steine später bewusst umgestoßen und dann von einem Erdwall begraben worden. "Es hat offenbar eine Transformation von einem Monument zu einem anderen gegeben", so Gaffney. "Ein massiver Eingriff, der nahelegt, dass es zuvor Veränderungen in der Gesellschaft gab, in ihren Ritualen und ihrem Glauben."
Und schon schießen die Spekulation ins Kraut: Handelt es sich um das Materiallager mit der gleichen Sandsteinart wie für den Bau von Stonehenge? Oder war dies eine eigene rituelle Stätte? Ist dieser Steinkreis jünger oder älter als der von Stonehenge?
Enthusiasten sprechen von "Superhenge"
Viele Fragen, und noch wenig Antworten - aber ein hochspannender Fund allemal. "Alle Monumente in dieser Gegend stehen zueinander in einer Beziehung", sagt Professor David Jacques, von der Uni Birmingham. "Wir sollten sie also nicht einzeln betrachten, sondern in ihrer Gesamtheit. Es gibt etwa Sichtachsen und Verbindungen zur anderen Seites des Hügels. Daraus entspringt erst die Dynamik der gesamten Anlage."
Die jetzt gefundene Steinsetzung könnte das Areal Durrington Wells im Süden begrenzt haben. Dort befand sich nach Erkenntnissen der Forscher im vierten Jahrtausend vor Christus die größte steinzeitliche Siedlung Nordeuropas. Einige Enthusiasten sprechen bereits von der Entdeckung eines "Superhenge". Aber was passiert nun, nachdem dieses neue Kapitel in der Stonehenge-Geschichte aufgeschlagen wurde?
"Als nächstes sollten wir mit Ausgrabungen beginnen, um die Ergebnisse der Radaruntersuchung zu bestätigen", sagt Archäologe Joshua Pollard von der Uni Southampton. "Natürlich würden viele Menschen diese Steine gerne zu Gesicht bekommen. Aber ob es dazu kommt, wird der National Trust entscheiden müssen, dem das Land gehört."
Die gängigste Theorie der Historiker zum Bau von Stonehenge lautet bisher, dass die Menschen auch in der Jungsteinzeit schon den astronomischen Kalender kannten und die Steine deshalb mit Blick auf die Sonnenwende anordneten. Der Fund von "Superhenge" liefert der Wissenschaft vielleicht weitere Teile, um das Puzzle von Stonehenge zu vervollständigen.