Referendum Übernimmt die Schweiz EU-Waffenrecht?
Mit einer verschärfenden Richtlinie soll das Schweizer Waffenrecht EU-konform gemacht werden. Stimmt die Mehrheit heute aber dagegen, droht der Ausschluss aus dem Schengen-Raum.
Schützenfeste, Schiessvereine und Soldaten, die ihre Gewehre mit nach Hause nehmen - Feuerwaffen sind in der Schweizer Kultur fest verankert. Darauf verweist Werner Salzmann, der Präsident des Bernischen Schiesssportverbandes und Abgeordnete der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei: "Begonnen hat das Ganze eigentlich geschichtlich mit dem Wilhelm Tell, als die Armbrust kam. Die ersten Schützenvereine wurden bereits im 14. Jahrhundert gegründet und dann war die Gründung des Schweizer Schiesssportverbandes 1824 ganz entscheidend."
Und er erinnert daran: Das weiße Kreuz auf rotem Grund, das die Flagge des Schweizer Schiesssportverbandes zierte, ist seit 1848 das Nationalwappen der Schweiz.
Eine Waffe mit dem Nationalwappen der Schweiz, dem weißen Kreuz auf rotem Grund.
"Freiheitsfeindlich und wirkungslos"
Angesichts von schätzungsweise zwei bis zweieinhalb Millionen Schusswaffen geht es unter den acht Millionen Einwohnern der Schweiz erstaunlich friedlich zu. SVP-Mann Werner Salzmann meint: Strengere Regeln braucht es nicht.
Doch nach den Terroranschlägen von Paris hatte die EU ihre Richtlinien verschärft. Die Änderung gilt für alle Staaten im Schengenraum, somit auch für das Nicht-EU-Mitglied Schweiz. So soll unter anderem für Schweizer der Zugang zu halbautomatischen Waffen erschwert werden. Der Schweizer Schiesssportverband hat gegen die Übernahme der EU-Richtlinie das Referendum ergriffen.
Die Maßnahmen seien freiheitsfeindlich und vor allem wirkungslos, sagt Werner Salzmann, denn Terroristen nutzten eh Waffen vom Schwarzmarkt. "Hier geht es nicht um Sicherheit, sondern hier geht es um die Abschaffung des privaten Waffenbesitzes über die Hintertür Terrorbekämpfung", meint er. "Und das ist nicht akzeptabel, wenn man Länder dazu zwingt, ihre Waffentradition kaputt zu machen, indem man von der EU vorschreibt, ein solches Gesetz zu übernehmen, das überhaupt keinen Nutzen hat gegen irgendeinen Terroranschlag."
Regierung für Verschärfung des Rechts
Die Schweizer Regierung und das Parlament empfehlen dagegen die Annahme der Richtlinie. Justizministerin Karin Keller-Sutter versichert: "Niemand wird entwaffnet und unsere Schießanlässe wie das obligatorische Feldschießen, das Knabenschießen, aber auch das wettkampfmäßige Schießen werden von dieser Teilrevision des Waffengesetzes nicht gefährdet."
Auch dürften Soldaten weiterhin ihre Waffen mit nach Hause nehmen. Die Ministerin betont:
Das Gesetz enthält nichts, was es rechtfertigen könnte, die Zusammenarbeit mit Europa im Bereich der Sicherheit und des Asylwesens aufs Spiel zu setzen.
Ausschluss aus Schengenraum droht
Gemeint ist ein drohender Ausschluss der Schweiz aus den Schengen- und Dublin-Verträgen, sollte die Verschärfung der Waffenrichtlinie abgelehnt werden. Wegfallen würden dann der Austausch von Informationen über Bedrohungen, die Reisefreiheit ohne Passkontrollen und die Möglichkeit, Asylbewerber wieder zurückschicken zu können.
Alles Argumente, mit denen die Befürworter einer Verschärfung der Waffenregeln laut Umfragen punkten konnten.
"Praktisch alle Szenarien, die wir haben, deuten auf ein Ja, vielleicht sogar auf ein deutliches Ja hin", sagt Lukas Golder vom Forschungsinstitut GFS-Bern. "Es ist in früher Zeit der Meinungsbildung gelungen, dieses Votum über die Veränderung der EU-Waffenrichtlinie zu einem Votum über Schengen-Dublin zu machen."
Der Ausgang scheint klar - und laut Umfragen deutet sich eine unterdurchschnittliche Beteiligung an der Abstimmung an.