Justizreform in Polen Drastische Strafen für kritische Richter
Trotz Protesten in und außerhalb Polens hat das Parlament einer umstrittenen Justizreform zugestimmt. Sie ermöglicht es der nationalkonservativen Regierung, kritische Richter zu maßregeln, gar zu entlassen.
Das polnische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das die Disziplinierung kritischer Richter ermöglicht. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS stützte sich dabei auf ihre absolute Mehrheit im Sejm, der ersten Kammer des Parlaments.
Die Neuregelung sieht vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters, eines Gerichts oder einer Kammer infrage stellen. Auch dürfen sie sich nicht politisch betätigen und müssen angeben, in welchen Berufsorganisationen und Bürgerinitiativen sie aktiv sind.
Bringt es oder beendet es das Chaos?
Abgeordnete der Opposition skandierten nach dem Votum "Schande" und "Verfassung". Die PiS baue eine "Pyramide der Gesetzlosigkeit" auf und schaffe Chaos im Gerichtswesen, sagte die Abgeordnete Kamila Gasiuk-Pihowicz von der liberalkonservativen Bürgerplattform.
Nach der Einführung dieses Gesetzes kann die Regierung jeden Richter unter irgendeinem Vorwand rauswerfen. Die Richter werden bestraft, wenn sie die Verfassung oder EU-Recht anwenden. Beenden Sie diesen juristischen Wahnsinn!
Vertreter der PiS argumentierten, das Gesetz sei notwendig, um Ordnung in ein - wie sie sagten - chaotisches Justizsystem zu bringen. Hintergrund ist ein Streit zwischen der Regierung und dem Obersten Gericht Polens. Es hatte Teile der Justizreform für nicht rechtens erklärt. Seit Beginn der Reform wurden aber bereits Hunderte neue Richter ernannt. Deren Ernennung und Urteile stehen nun rückwirkend infrage.
Proteste in und außerhalb Polens
Die Reform hatte in Polen landesweite Demonstrationen ausgelöst. Allein in Warschau gingen diese Woche 7000 Menschen auf die Straße.
Auch international gab es Widerspruch: Die EU-Kommission appellierte an Warschau, das Vorhaben zu stoppen. Das UN-Menschenrechtsbüro äußerte ebenfalls schwere Bedenken. Die bereits angeschlagene Unabhängigkeit der Gerichte werde damit womöglich weiter untergraben, hieß es.
Opposition kann Gesetz herauszögern
Die Reform kommt nun in den Senat. In dieser zweiten Kammer hat die Opposition eine knappe Mehrheit. Ihre Führer haben schon gravierende Änderungen angekündigt. Allerdings kann die PiS diese im Sejm später wieder ablehnen. Die Opposition kann das Vorhaben also nur verzögern.
Seit die PiS 2015 die Macht übernahm, hat sie das Justizwesen massiv umgebaut und dafür viel Kritik bekommen. Die EU-Kommission eröffnete bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Warschau eröffnet und klagte beim Europäischen Gerichtshof.