NATO-Treffen zum Ukraine-Krieg Zu wenig Munition, zu wenig Panzer
NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat die Bündnisstaaten aufgerufen, mehr Munition für die Ukraine zu produzieren. Verteidigungsminister Pistorius ist skeptisch, dass die zugesagten "Leopard"-Panzer bald zur Verfügung stehen.
Hat Russland seine befürchtete Frühjahrsoffensive im Donbass bereits gestartet? Die Attacken werden jedenfalls zahlreicher und die Gefechte intensiver, heißt es beim NATO-Treffen in Brüssel. Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur ist davon überzeugt, "dass sich die russischen Truppen auf einen Großangriff vorbereiten und der Westen alles tun muss, um die Ukraine bei ihrem Abwehrkampf zu unterstützen."
Allerdings stellt die umfangreiche Militärhilfe das westliche Verteidigungsbündnis inzwischen vor handfeste Probleme. Die ukrainischen Streitkräfte verschießen nämlich deutlich mehr Munition, als aktuell nachgeliefert werden kann. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg drängt deshalb darauf, dass die Mitgliedsstaaten mehr Munition bestellen und die Fabriken ihre Produktionskapazitäten erweitern.
Die Bundesregierung hat bereits neue Geschosse für den Flugabwehrpanzer "Gepard" geordert. Das deutsche Unternehmen Rheinmetall steigt wieder in die Herstellung ein. Deutschland macht sich damit unabhängig von Produzenten etwa in der Schweiz, sagt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Für die Flugabwehr in der Ukraine durch den "Gepard" sei die Order von zentraler Bedeutung.
Weil so alt wie er ist, leistet er herausragende Dienste gerade bei der Drohnenabwehr - und wird von den ukrainischen Soldatinnen und Soldaten überaus geschätzt. Und deshalb ist diese Nachricht eine gute.
Nur 17 "Leopard"-Panzer einsatzbereit
Weniger gut sind die Nachrichten, wenn es um die Lieferung westlicher Kampfpanzer geht. Denn da sieht es - vorsichtig formuliert - nicht gerade berauschend aus, findet Pistorius. Bisher stünden nämlich nur 17 moderne "Leopard 2" bereit. 14 aus Deutschland sowie drei aus Portugal. Und bei der von Polen angekündigten Zusammenstellung älterer "Leopard-2"-Versionen gibt es offenbar ebenfalls Probleme, obwohl vor allem die polnische Regierung im Vorfeld Druck auf Deutschland gemacht hatte, endlich Panzer zu liefern.
Ob er dafür Verständnis habe, wird der Bundesverteidigungsminister gefragt. Seine Antwort lautet: "Da ich mich ja hier auf diplomatischem Parkett bewege, würde ich sagen: wenig."
Stoltenberg: Frage der Kampfjets zweitrangig
Über die Forderung der Ukraine nach Kampfjets wird in Brüssel zwar ebenfalls gesprochen, Entscheidungen aber sind so schnell nicht zu erwarten. Schließlich, so heißt es aus mehreren Staaten, müssten die Pilotinnen und Piloten zunächst ausgebildet werden, bevor sie mit westlichen Maschinen Angriffe fliegen können. "Das braucht Zeit und lässt sich mit Kampfpanzern nicht vergleichen, was der Ukraine durchaus bewusst ist“, sagt die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren.
Stoltenberg hält die Frage der Kampfflugzeuge aktuell ohnehin für eher zweitrangig. Stattdessen sollten die Bündnispartner dafür sorgen, dass die ukrainischen Streitkräfte ausreichend mit Nachschub versorgt sind.
Unsere Top-Priorität ist sicherzustellen, dass die Ukraine die schweren Waffen, die Flugabwehrsysteme und die Munition, die wir versprochen haben, auch bekommt. Denn das kann auf dem Schlachtfeld wirklich einen Unterschied machen.
Heute beschäftigt sich das NATO-Treffen mit strategischen Fragen, etwa mit der Truppenpräsenz in den östlichen Bündnisstaaten und dem geplanten Ausbau einer schnellen Eingreiftruppe von etwa 40.000 auf mehr als 300.000. Außerdem wird über Geld geredet.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der unmittelbaren Nachbarschaft will die westliche Verteidigungsallianz das sogenannte "Zwei-Prozent-Ziel" bis zum nächsten Gipfel im Sommer in der litauischen Hauptstadt Vilnius "weiterentwickeln". Heißt im Klartext: Die Rüstungsausgaben werden weiter steigen.