Nach Überflutungen Erste THW-Hilfslieferungen in Libyen eingetroffen
In Libyen sind erste internationale Hilfslieferungen angekommen, unter anderem vom THW. Während vor Ort die Hoffnung auf weitere Überlebende schwindet, wird allein in der Hafenstadt Darna mit bis zu 20.000 Toten gerechnet.
Eine erste Hilfslieferung des Technischen Hilfswerks (THW) für das Überschwemmungsgebiet ist in Libyen eingetroffen. Zwei Bundeswehrflugzeuge mit insgesamt 30 Tonnen Hilfsgütern des THW an Bord seien am Abend im libyschen Bengasi gelandet, sagte ein THW-Sprecher.
Begleitet wurden die Flüge vom niedersächsischen Bundeswehrstandort Wunstorf aus von zwei Logistikern des THW, die für die ordnungsgemäße Übergabe der Lieferung an die Behörden vor Ort Sorge trugen.
Konkret sollten 100 Zelte mit Beleuchtung, 1000 Feldbetten, 1000 Decken, 1000 Isomatten, 1000 Wasserfilter und 80 Stromgeneratoren in das Katastrophengebiet gebracht werden. Die Hilfsgüter füllten acht Lkw und haben einen Wert von etwa einer halben Million Euro, so das THW. Die Lieferung erfolge auf Ersuchen und mit der Finanzierung des Auswärtigen Amtes und im Auftrag des Bundesinnenministeriums.
Dramatischer Anstieg der Zahl der Toten befürchtet
Derweil schindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. Besonders dramatisch ist die Lage in der Hafenstadt Darna. Geborgene Opfer wurden dort in Leichensäcken in Massengräbern verscharrt. "Wir erwarten eine sehr hohe Zahl von Opfern. Ausgehend von den zerstörten Bezirken in der Stadt können es 18.000 bis 20.000 Tote sein", sagte Bürgermeister Abdel-Moneim al-Gheithy dem arabischen Fernsehsender Al-Arabija.
Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in Darna mehr als 30.000 Menschen obdachlos geworden. 10.000 Menschen gelten seit Montag als vermisst, wie viele davon seither tot oder lebend gefunden wurden, ist unklar.
Darna "noch immer voller Leichen"
Der Sturm "Daniel" hatte am Sonntag das nordafrikanische Land erfasst. Nahe Darna brachen zwei Dämme oberhalb der 100.000 Einwohner zählenden Stadt. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte: "Ganze Wohnviertel sind von der Karte verschwunden." Die Lage sei "schockierend und herzzerreißend". Die vordringlichste Aufgabe sei es nun, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.
Augenzeugen vor Ort berichten, Darna sei noch immer "voller Leichen". Hilfe werde dringend benötigt. Insbesondere der Osten der Stadt sei weiter vom Rest abgeschnitten. Kommunikationsverbindungen seien teilweise komplett abgerissen. Rettung gestaltet sich schwierig.
Zahlreiche Länder bieten Hilfe an
Die Lage vor Ort stellt Rettungsteams vor enorme Herausforderungen, da auch Zufahrtsstraßen weggeschwemmt wurden und zentrale Brücken unter Schlammmassen begraben sind.
Neben den THW-Lieferungen haben auch zahlreiche weitere Länder Hilfe angeboten. Libyen hatte zuvor ein internationales Hilfeersuchen gestellt. Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen schickte ein Notfallteam. Es bestehe aus Logistikern und medizinischem Personal. Man bringe zudem Notfallausrüstung mit zur Behandlung von Verletzten und Leichensäcke. Weitere Hilfe kommt unter anderem aus den Nachbarländern Ägypten, Tunesien und Algerien sowie der Türkei. Auch Frankreich, Niederlande und Italien boten Unterstützung an. Die Vereinten Nationen kündigten Soforthilfe im Umfang von zehn Millionen Dollar an.
WMO: Viele Opfer hätten verhindert werden können
Die meisten Opfer bei der Überschwemmungskatastrophe hätten aus Sicht des Generalsekretärs der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, verhindert werden können. Hätte es normal operierende Wetterdienste gegeben, hätten diese Warnungen herausgeben können, sagte er. "Die Notfallbehörden wären in der Lage gewesen, die Evakuierung umzusetzen."
Die WMO hatte zuvor in dieser Woche erklärt, dass der nationale Wetterdienst 72 Stunden vor den Überschwemmungen die Regierungsbehörden via E-Mail und durch Medien informiert habe. Vertreter der Behörden im Osten Libyens hatten die Öffentlichkeit vor einem herannahenden Sturm gewarnt und Anwohner von Küstengebieten zur Evakuierung aufgerufen, weil sie Sturzfluten vom Meer aus erwarteten. Eine Warnung über die Gefahr von Dammbrüchen hatte es aber nicht gegeben.