Neuer Konfliktstoff Kosovo schafft den serbischen Dinar ab
Im Kosovo wird mit dem Euro bezahlt - eigentlich. Denn an der Grenze zu Serbien gilt weiterhin der serbische Dinar. Die Regierung des Kosovo will das nun ändern zur Empörung des großen Nachbarn.
Natürlich kann man mit Euros bezahlen, auch in diesem kleinen Dorf-Kiosk in Banjska, ganz im Norden des Kosovos. Drei Minuten zu Fuß bergauf liegt das Kloster Banjska, in dem sich im vergangenen Jahr eine schwer bewaffnete Serben-Truppe verschanzt hatte, nachdem sie Kosovo-Polizisten angegriffen und einen getötet hatten.
Hier, in Banjska mit seinen 350 Einwohnern, leben fast nur Serben, die Grenze zum großen Nachbarn Serbien ist nah. Üblicherweise wird hier in serbischen Dinar bezahlt. Als Wechselgeld gibt es deshalb auch keine Euros und Cents, sondern: Dinar
Das soll sich nun ändern, weil es - eigentlich schon seit 2008 - anders sein sollte. Seit damals ist der Kosovo ein eigener Staat. Aber jetzt hat die Kosovo-Zentralbank noch einmal nachgelegt: Bezahlen im Kosovo ist nur dann legal, wenn in Euro bezahlt wird, der offiziellen Währung.
Regierung will Wechsel zum Euro durchsetzen
Seit dem Überfall in Banjska, den die Kosovo-Polizei zurückgeschlagen hat, tritt die Kosovo-Regierung deutlich selbstbewusster auf. Erst das endgültige Verbot serbischer Kennzeichen auf Autos, die im Kosovo gemeldet sind, jetzt die Euro-Verordnung. Kosovos Vize-Premierminister Besnik Bislimi zeigt sich kompromisslos: "Die Regierung der Republik Kosovo ist entschlossen, die Rechtsstaatlichkeit überall im Kosovo bedingungslos und kompromisslos durchzusetzen. Möglichst schnell, einfach und problemlos für die Bürger", sagt er.
Bislimi spricht dann aber auch von einer "Übergangsfrist" - und dass man sich darauf konzentrieren wolle, mehr auf Information und Bildung zu setzen, weniger auf Strafen.
Und natürlich weiß Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti, dass diese vermeintliche Selbstverständlichkeit wieder eine Provokation ist für den serbischen Präsidenten Aleksander Vucic. Nach drei Tagen tief Durchatmen tritt auch er auf, wie immer, etwas gelangweilt im Ton, aber scharf in der Wortwahl: "Albin Kurti hat das entschieden, ganz allein - mit dem Ziel: ethnische Säuberung der serbischen Bevölkerung auf dem Territorium des ganzen Kosovos. Oder wie das in der Genozid-Konvention heißt: 'Absichtliche Unterwerfung der Serben mit unerträglichen Lebensbedingungen`'."
Vucic schürt einmal mehr Panik
Das ist das übliche, was der Serben-Präsident bei solchen Anlässen verkündet. Aber: Noch ist unklar, wie "unerträglich" die Lebensbedingungen für die Serben im Norden werden könnten. Kann sein, dass die Geldautomaten in Nord-Mitrovica keine Dinar mehr ausspucken - und erst mal vielleicht auch keine Euros. Deshalb diese "Übergangsfrist", die Kosovos Vize-Premier Bislimi vorsorglich angekündigt hat: "Die Botschaft, die ich vermitteln möchte, ist, dass die Sorge der Kosovo-Serben, kein Bankkonto mehr zu haben und mit dem Euro nicht vertraut zu sein, künstlich erzeugt ist", beschwichtigt Bislimi.
Erzeugt durch Propaganda aus Belgrad, meint der Vize-Premier damit wohl. Weil Vucic mal wieder "den Panik-Knopf" gedrückt hat, wie das der Kosovo-Polizeichef in Nord-Mitrovica gern nennt.
Der amerikanische Botschafter und seine europäischen Kollegen sind besorgt, dass das neue ethnische Konflikte auslösen könnte. Nicht so unbegründet: Im vergangenen Jahr wurden Soldaten der NATO-geführten KFOR-Friedenstruppe schwer verletzt, zwischen den Fronten im Norden des Kosovo. Die KFOR-Truppe wird gerade verstärkt.
Lehrer, Ärzte, Rentner betroffen
Serbiens Präsident Vucic zählt erstmals in Zahlen auf, wen der Wegfall des Dinar betreffen könnte: knapp 32.000 Kosovo-Serben, die aus Belgrad bezahlt werden, in Dinar. Lehrer, Lehrerinnen an den serbischen Schulen, Ärztinnen, Krankenpfleger in den serbischen Ambulanzen vor allem. Dazu fast 30.000 Rentner.
Aber auch bei Vucic hat sich der Tonfall geändert, seit dem Überfall in Banjska, seit NATO und EU noch auf ein paar Erklärungen warten, inwieweit der serbische Staat in den Angriff der mutmaßlichen Verbrecher verwickelt war. Er klagt - und spricht gleichzeitig doch von Dialog: "Sie können keine Ruhe geben, die Kosovo-Albaner. Und sie verstehen nicht, dass der Dialog wichtig ist. Den wir haben, gerade weil Kosovo kein international-rechtlich anerkannter Staat ist."
"Nicht anerkannt" ist der Kosovo von Serbien und einigen EU-Staaten. Aber die Mehrheit, Deutschland als eines der ersten Länder, haben den Kosovo anerkannt.
Bleibt der Dialog - in einem Land, in dem die überwiegende Mehrheit albanisch, die Minderheit serbisch spricht. Zwei sehr unterschiedliche Sprachen. Und das ist schon das nächste Problem: Die meisten Serben sind über die Euro-Verordnung noch gar nicht auf Serbisch informiert worden.