Regierungsmacher im Exil Separatistenführer Puigdemont formuliert Forderungen
Will Spaniens Linksbündnis um Sánchez weiterregieren, braucht es die Zustimmung aus Katalonien. Separatistenführer Puigdemont signalisiert Verhandlungsbereitschaft - und stellt Forderungen aus dem Exil.
Ein historischer Kompromiss müsse her, nichts weniger. Sonst drohen Spanien Neuwahlen, bemerkt Separatistenführer Carles Puigdemont. Er weiß, dass es auf ihn und seine katalanische Partei Junts ankommt.
Von Brüssel aus meldete sich der EU-Abgeordnete Mitte der Woche zu Wort. Er verlangt, dass gegen Unabhängigkeitskämpfer und -befürworter nicht mehr juristisch vorgegangen wird. Außerdem sagte Puigdemont: "Das Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober war demnach kein Verbrechen, ebenso wenig wie die Unabhängigkeitserklärung, wie auch die Massenproteste damals gegen die Zentralregierung."
Puigdemont fordert Amnestiegesetz
Puigdemont, mitverantwortlich für das illegale Referendum im Jahr 2017, will, dass die von einem Teil der Katalaninnen und Katalanen unterstützen Abspaltungsversuche als politisch legitim anerkannt werden. Dazu gehöre auch die theoretische Möglichkeit eines erneuten Referendums. Wichtigster Punkt für den früheren Regierungspräsidenten Kataloniens: ein Amnestiegesetz.
Das Gesetz müsse "das breite Spektrum der Repressionen berücksichtigen, die im November 2014 begonnen haben". Die spanische Regierung sei in der Verantwortung, das Unrecht wiedergutzumachen, um der Opfer zu gedenken und um die Opfer nicht auf die gleiche Stufe zu stellen wie die Täter, so Puigdemont. Gleiches gelte für die Justiz.
Seine Pressekonferenz hielt der Separatistenführer auf Katalanisch ab. Eine gesetzliche Amnestie könnte für ihn selbst ein Ausweg sein. Denn sobald der Exilpolitiker wieder einen Fuß auf spanischen Boden setzt, muss er sich vor Gericht verantworten. Das erhöht die politische Brisanz der laufenden Verhandlungen.
Sánchez und Puigdemont brauchen sich
Allerdings wissen auch beide - der geschäftsführende Ministerpräsident Pedro Sánchez und Unabhängigkeitsrebell Puigdemont, - dass sie einander brauchen. Die Sozialisten benötigen unbedingt die Stimmen aus Katalonien, um weiterregieren zu können. Puigdemont könnte durch geschicktes und maßvolles Verhandeln seine politische Rückkehr und Rehabilitation ermöglichen. Regierungssprecherin Isabel Rodriguez sieht durchaus Spielraum für eine Einigung. Sie sagte:
Unser Werkzeug ist der Dialog. Wir haben einen Rahmen, nämlich die Verfassung, und wir haben ein Ziel, nämlich das Zusammenleben.
Dieses Vorgehen habe bisher immer Ergebnisse geliefert, betonte Rodriguez.
Verhandlungen laufen im Hintergrund
Die Verhandlungen sind angelaufen - diskret im Hintergrund. Entsprechend verstimmt reagierte man im sozialistischen Lager, als Arbeitsministerin Yolanda Diaz vom linken Bündnispartner Sumar Anfang der Woche überraschend nach Brüssel flog, um dort Puigedemont öffentlichkeitswirksam zu treffen. Für die Konservativen, die zunächst den Auftrag haben eine Regierung zu bilden, ist das alles ein gefährliches Spiel mit Verfassungsfeinden.
Von einer politischen Anomalie spricht der Kandidat Alberto Nuñez Feijóo von der Volkspartei. Es könne nicht sein, dass eine von der spanischen Justiz gesuchte Person, die Zukunft des Landes bestimme. Folglich lehnt Feijóo Gespräche mit Junts ab. Es wird nicht damit gerechnet, dass er bis Ende September eine Regierungsmehrheit zusammen bekommt.
Verfassungsrechtler: Amnestie möglich
Aber auch unter Juristinnen und Juristen wird diskutiert, ob die katalanischen Forderungen legitim sind. Javier Pérez Royo ist Verfassungsrechtler an der Universität Sevilla. Er hält eine Amnestie für möglich. Im nationalen Radioprogramm RNE sagte er, es gebe keinen einzigen Artikel der Verfassung, der ein entsprechendes Gesetz verbiete:
Die Verfassung lässt allgemeine Begnadigungen zu, solange das Parlament darüber entscheidet und nicht eigenmächtig die Regierung.
In einem anderen Punkt ist Sánchez‘ linkes Lager bereits dabei, große Schritte auf die Katalanen und anderen regionalen Parteien zuzugehen. Im Parlament sollen bereits Ende September Regionalsprachen wie das Katalanische zugelassen sein. Und so schnell wie möglich auch in der EU - da muss aber Brüssel noch mitmachen.