Europawahl ÖVP offenbar deutlicher Sieger in Österreich
In Österreich ist die konservative ÖVP offenbar als klarer Sieger aus der Europawahl hervorgegangen. Nach einer ersten Prognose konnte sie deutlich zulegen. Der bisherige Koalitionspartner FPÖ verlor dagegen Stimmen.
Rund eine Woche nach Bekanntwerden des FPÖ-Skandals hat die regierende konservative Volkspartei (ÖVP) bei der EU-Wahl in Österreich offenbar klar gewonnen. Nach einer ersten Trendprognose des TV-Senders ORF legte die ÖVP um 7,5 Prozent zu und kam auf 34,5 Prozent. Ihr bisheriger Koalitionspartner FPÖ verlor dagegen 2,3 Prozent und kam mit 17,5 Prozent auf Platz drei. Die oppositionellen Sozialdemokraten verloren leicht und kamen auf 23,5 Prozent.
Bundeskanzler Sebastian Kurz, der nach dem Auseinanderbrechen seiner Koalition über den Skandal mit seiner Abwahl rechnen muss, geht der Prognose nach unbeschadet aus der Affäre und als klarer Gewinner aus der Wahl hervor. Sollte sich das Ergebnis bestätigen, wäre es das beste, das eine Partei in Österreich jemals bei einer EU-Wahl erzielt hat. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sprach von einem "starken Vertrauensvotum" für Kurz.
Der Verlust der FPÖ nimmt sich im Blick auf das Ergebnis von 2014 verhältnismäßig gering aus. Vor Bekanntwerden des Skandals waren ihr allerdings deutliche Zugewinne prognostiziert worden. Zeitweise hatte sie in Vorwahl-Umfragen bei 24 Prozent gelegen.
Erste Prognosen auch aus Zypern
In Zypern schlossen die Wahllokale ebenfalls um 17 Uhr. Dort liefern sich die konservative zyprische Demokratische Gesamtbewegung DYSI und die linke Partei AKEL laut einer Prognose des Staatsrundfunks ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Sie sollen beide auf rund 29 Prozent kommen. Damit würden diese beiden Parteien jeweils zwei Abgeordnete ins Europaparlament entsenden. Insgesamt entsendet die kleine Inselrepublik sechs Abgeordnete ins Europaparlament.
Mit offiziellen Ergebnissen aus Österreich und den anderen EU-Staaten ist erst in der Nacht zu rechnen. Die nationalen Wahlbehörden müssen mit der Veröffentlichung von offiziellen Ergebnissen warten, bis in allen Staaten die Wahllokale geschlossen haben. Die letzten Wahllokale schließen um 23 Uhr in Italien. In vielen EU-Staaten zeichnete sich bis zum Nachmittag eine höhere Wahlbeteiligung ab als 2014.
Wie verlässlich sind die Umfragen?
Umfragen ließen zunächst darauf schließen, dass die beiden größten Parteienfamilien, die christdemokratische EVP sowie die sozialdemokratische S&D mit Verlusten rechnen müssen. Rechten und populistischen EU-Kritikern wurden dagegen Erfolge vorhergesagt. Allerdings ließen Nachwahlbefragungen in den Niederlanden, wo am Donnerstag die EU-Wahl (zusammen mit Großbritannien begann), auf einen Erfolg der Sozialdemokraten in dem Land schließen sowie auf ein überraschend schwaches Abschneiden der Rechtspopulisten.
Die Sitzverteilung im Parlament beeinflusst auch seine Handlungsfähigkeit und auch die Vergabe wichtiger EU-Ämter. So strebt der CSU-Politiker Manfred Weber, Spitzenkandidat der EVP, das Amt des Kommissionspräsidenten in der Nachfolge von Jean-Claude Juncker an.
Ob es dazu kommt, ist nicht gewiss. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat deutlich gemacht, dass er einen Anspruch des Kandidaten der größten Fraktion auf den Posten nicht für zwangsläufig hält. Macron möchte den Einfluss der Staats- und Regierungschefs der EU auf die Entscheidung wieder ausweiten. Bis 2014 machten diese die Vergabe weitgehend unter sich aus.
Nach dem Brexit werden Sitze umverteilt
Insgesamt sind bei der Wahl 751 Mandate zu vergeben. Dazu gehören auch 73 Sitze für Kandidaten aus Großbritannien. Diese werden aber nach dem Brexit ihr Mandat verlieren - die Sitze werden dann an andere Mitgliedstaaten verteilt. Dann wird das EU-Parlament nur noch 705 Abgeordnete haben.
Die Befürchtung, dass EU-kritische Parteien bei der Wahl gestärkt werden könnten, prägte den Begriff "Schicksalswahl" für den diesjährigen Urnengang. Eine Vorwahlumfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD zeigte jedoch, dass eine breite Mehrheit der Wähler positiv gegenüber Europa eingestellt ist, ie ARD-Wahlexperte Jörg Schönenborn in den tagesthemen sagte. In neun Ländern sind 80 oder mehr Prozent der Befragten der Ansicht, dass ihr Land von der EU-Mitgliedschaft profitiert hat. In zehn weiteren Ländern meinen das immerhin zwischen 65 und 80 Prozent. Nur in Italien liegt die Zustimmung unter 50 Prozent.
Viele Bürger bewerten vor allem die wirtschaftlichen Vorteile durch die EU vorteilhaft. In Deutschland hielten 69 Prozent der Bürger die Wahl für wichtig der höchste Wert, der jemals von Infratest dimap gemessen wurde.