Europawahl Höhere Wahlbeteiligung in Sicht
Europa wählt - und das Interesse ist groß. In vielen EU-Staaten zeichnet sich eine höhere Wahlbeteiligung als vor fünf Jahren ab. Bis 18 Uhr kann in Deutschland noch abgestimmt werden.
In vielen EU-Staaten zeichnet sich eine teils deutlich höhere Wahlbeteiligung ab als vor fünf Jahren.
In Deutschland machten nach Angaben des Bundeswahlleiters bis 14 Uhr 29,4 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Bei der Europawahl 2014 lag die Beteiligung zum selben Zeitpunkt bei 25,6 Prozent, am Ende betrug sie 48,1 Prozent. Briefwahlstimmen waren dabei nicht berücksichtigt.
Nach Angaben der örtlichen Wahlämter lag die Beteiligung in München, Regensburg, Augsburg, Würzburg und Nürnberg deutlich höher als 2014. In Berlin betrug sie bis zum Mittag 21,7 Prozent im Vergleich zu 17,5 Prozent 2014.
In Spanien lag die Beteiligung bis zum Nachmittag zehn Prozentpunkte über der vor fünf Jahren. In Frankreich betrug die Wahlbeteiligung bis Mittag 19,26 Prozent, wie das Innenministerium mitteilte. Bei den vergangenen beiden Europawahlen lag die Quote zu dieser Tageszeit deutlich darunter: 2014 bei 15,70 Prozent und 2009 bei 14,81 Prozent.
In Ungarn hatten um 11 Uhr rund 17,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie die Wahlkommission mitteilte. Vor fünf Jahren waren es zur selben Zeit nur 11,5 Prozent gewesen. Wahlforschern zufolge dürfte es der Regierungspartei Fidesz von Viktor Orban gelungen sein, in den ländlichen Gebieten mehr Wähler zu mobilisieren als bisher.
In der Slowakei zeichnet sich nach inoffiziellen Schätzungen von Medien und Parteien eine Wahlbeteiligung von 20 Prozent ab. Das wäre die bisher höchste Beteiligung, die es in dem Euro-Land jemals bei einer Europawahl gegeben hat. Vor fünf Jahren gingen nur 13 Prozent der slowakischen Stimmberechtigten zur Wahl. Das war der bisher niedrigste Wert, den überhaupt ein Land bei EU-Wahlen erreichte.
Deutlich bessere Wahlbeteiligung in Rumänien
Auch in Rumänien lag die Wahlbeteiligung nach einer Zwischenbilanz deutlich über der vor fünf Jahren. Sechs Stunden nach Öffnung der Wahllokale hatten bis 12 Uhr 19,75 Prozent der Wähler abgestimmt - 2014 waren es bis zu dieser Uhrzeit nur 12,4 Prozent. Der Trend gilt als schlechtes Zeichen für die Parteien der sozialliberalen Regierungskoalition und vor allem für den vorbestraften Parteichef Liviu Dragnea. Es wird erwartet, dass seine Partei ihn stürzt, wenn sie schlecht abschneiden sollte.
Auch aus Zypern und Kroatien wurden leicht bessere Zwischenstände zur Wahlbeteiligung gemeldet als vor fünf Jahren. In der Republik Zypern gingen bis zum Mittag der Wahlkommission zufolge 19 Prozent wählen - das war ein Prozentpunkt mehr als vor fünf Jahren zu dieser Zeit. In Kroatien waren es bis 11.30 Uhr 9,9 Prozent - zwei Prozentpunkte mehr als 2014 zur selben Zeit.
In Lettland, wo bereits am Samstag abgestimmt worden war, lag die Beteiligung nach Angaben der Wahlkommission in Riga bei 33,51 Prozent - und damit ebenfalls leicht höher als 2014 (30,24 Prozent). In Malta - wo die Wahl ebenfalls schon zu Ende ist - stimmten nach Angaben der Wahlkommission 72,6 Prozent der Wähler ab. Das ist etwas weniger als 2014 (74,8 Prozent).
Relativ stabil sind die Zahlen aus Italien: Dort stimmten bis 12 Uhr 15,9 Prozent der Wahlberechtigten ab. 2014 war die Beteiligung zu der Zeit mit 16 Prozent noch minimal höher gewesen. Die Wahllokale öffneten dort bereits um 7 Uhr.
Wahllokale in Deutschland schließen um 18 Uhr
In Deutschland sind rund 64,8 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die deutschen Wahllokale schließen um 18 Uhr. Erste Zahlen zur Wahlbeteiligung werden für den Nachmittag erwartet.
Weber oder Timmermans?
Bei der Europawahl müssen Christ- und Sozialdemokraten mit Verlusten rechnen, rechte EU-Kritiker könnten in wichtigen Ländern Erfolge verbuchen. EU-freundliche Parteien werden aber voraussichtlich auch im neuen Parlament rund zwei Drittel der Abgeordneten stellen. Ob sie Bündnisse zuwege bringen, beeinflusst nicht nur die Handlungsfähigkeit der EU, sondern auch die Besetzung wichtiger Ämter.
Auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten hoffen der CSU-Politiker Manfred Weber, dessen Europäische Volkspartei stärkste Kraft bleiben dürfte, sowie der Sozialdemokrat Frans Timmermans, der mit seiner Partei in den Niederlanden laut Prognosen überraschend stärkste Kraft wurde. Der bisherige Amtsinhaber Jean-Claude Juncker, der wie Weber aus der christdemokratisch-konservativen Parteienfamilie der EVP kommt, scheidet aus. Wenn Weber es schafft, nach der Wahl eine Mehrheit im Parlament zu organisieren, könnte er erster Deutscher auf dem Posten seit mehr als 50 Jahren werden.
Stimmungstest für Bundespolitik
Der Wahl gilt auch als Stimmungstest für die Bundespolitik. Nach letzten Umfragen müssen sich die Parteien der Großen Koalition auf deutliche Verluste einstellen, Union und SPD könnten ihr schlechtestes Ergebnis bislang bei Europawahlen einfahren.
Die Grünen könnten Umfragen zufolge vor der SPD zweitstärkste Kraft werden, erstmals überhaupt bei einer bundesweiten Wahl. Die AfD dürfte stärker abschneiden als bei der Wahl 2014. FDP und Linkspartei dürften abermals im einstelligen Bereich bleiben. Da es keine Sperrklausel gibt, werden voraussichtlich erneut auch Kleinstparteien Mandate im EU-Parlament gewinnen.
Wahl in Italien endet um 23 Uhr
Die nationalen Wahlbehörden müssen mit der Veröffentlichung von offiziellen Ergebnissen warten, bis in allen Staaten die Wahllokale geschlossen haben. Die letzten Wahllokale schließen um 23 Uhr in Italien.
Wie bei Bundestagswahlen gibt es um 18 Uhr bei ARD und ZDF eine Prognose für das bundesweite Ergebnis, ab 18.15 Uhr werden Hochrechnungen erwartet. Ab 20.15 Uhr soll es von der EU eine Prognose für das Europaparlament auf Basis von Nachwahlbefragungen und Umfragen vor der Wahl geben. Um 23.15 Uhr will das Europaparlament dann eine erste Hochrechnung veröffentlichen, in die offizielle Endergebnisse und vorläufige Ergebnisse aus den meisten der 28 EU-Staaten einfließen.
Hochbetrieb an Wahlurnen in Bremen
Bei der Landtagswahl in Bremen lag die Beteiligung in ausgewählten Wahllokalen um 14 Uhr bei 33,5 Prozent und damit deutlich höher als vor vier Jahren, wie die Hansestadt auf ihrer Internetseite mitteilte. Damals hatten zum selben Zeitpunkt nur 23,5 Prozent der Stimmberechtigten gewählt. Briefwähler sind nicht mit eingerechnet.