Finanzpaket im EU-Parlament "Eine bittere Pille"
Trotz "schmerzhafter Entscheidungen" ein Durchbruch: Kommissionspräsidentin von der Leyen hat den Gipfel-Kompromiss vor dem EU-Parlament verteidigt. Die Parlamentarier müssen noch zustimmen - und drängen auf Korrekturen.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat Verständnis für die Kritik des EU-Parlaments an den Gipfelbeschlüssen zum Haushalt der Union und zum Milliardenprogramm gegen die Folgen der Corona-Pandemie gezeigt. Der schmale mehrjährige Finanzrahmen sei "eine bittere Pille", sagte von der Leyen im Plenum in Brüssel. Der Kompromiss enthalte einige "schmerzhafte und bedauerliche Entscheidungen", etwa bei der Ausstattung von geplanten Gesundheits- und Forschungsprogrammen der EU.
Trotzdem sollte man einen Schritt zurücktreten und die Vorteile der Beschlüsse betrachten, sagte sie. Die durch den Austritt Großbritanniens entstandene Lücke im Haushalt von 70 Milliarden Euro sei fast vollständig gedeckt worden. Und mit insgesamt 1,8 Billionen Euro habe die EU jetzt "massive und beispiellose Feuerkraft".
"Der Druck der Krise hat Türen geöffnet"
Insgesamt beschrieb von der Leyen die Gipfelbeschlüsse als Durchbruch und als Ende von Tabus, zumal nun erstmals im großen Stil Schulden für EU-Ausgaben aufgenommen werden können. "Der Druck der Krise hat Türen geöffnet, die lange verschlossen waren", sagte sie. Das sei eine neue Chance für Europa.
Auch EU-Ratspräsident Charles Michel verteidigte die Beschlüsse des EU-Gipfels. Die europäische Reaktion auf die Gesundheitskrise sei umfassender als die der USA oder Chinas. Er sei davon überzeugt, dass Europa damit seine Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt habe. "Wir haben schnell gehandelt und die Dringlichkeit erkannt", sagte Michel.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel verteidigten das Kompromisspaket.
Abgeordnete sehen Verbesserungsbedarf
Die Abgeordneten sehen beim Haushalt noch deutlichen Bedarf für Nachverhandlungen. In einem Entschließungsentwurf verlangen sie "gezielte Erhöhungen" etwa beim Klimaschutz, digitalem Wandel, Gesundheit und Forschung. Zudem steht eine Klausel in der Kritik, die EU-Geld an die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit koppeln soll.
Er freue sich über die Einigung, nicht aber über den Deal, sagte der Vorsitzende der großen EVP-Fraktion, Manfred Weber. Der vom EU-Rat beschlossene mehrjährige Finanzrahmen sei keine vernünftige Antwort auf die Herausforderungen der kommenden sieben Jahre. An EU-Kommissionschefin von der Leyen gewandt sagte Weber: "Wir sind derzeit nicht bereit, diese bittere Pille zu schlucken."
Kritik an Kürzungen im Haushalt
Die EU-Abgeordneten lobten in der Debatte die Entscheidung, für das Corona-Konjunkturpaket erstmals in der Geschichte der EU gemeinsam Schulden aufzunehmen.
Breite Kritik gab es jedoch an Kürzungen im Haushalt. Der Grünen-Fraktionschef im Europaparlament, Philippe Lamberts, erklärte, die europäische Forschung werde "amputiert", was vor allem angesichts einer möglichen zweiten Corona-Welle ein falsches Zeichen sei.
Parlament muss zustimmen
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich am Dienstag nach einem mehrtägigen Verhandlungsmarathon auf das beispiellose Finanzpaket geeinigt. Sie beschlossen den Corona-Aufbaufonds im Volumen von 750 Milliarden Euro und den EU-Finanzrahmen für die nächsten sieben Jahre im Umfang von 1074 Milliarden Euro.
Nur der Haushaltsentwurf bedarf der Zustimmung des EU-Parlaments. Der Corona-Hilfsfonds ist damit aber untrennbar verknüpft.