SIPRI-Bericht für 2022 Weniger Waffenverkäufe trotz hoher Nachfrage
Russlands Krieg gegen die Ukraine, Kämpfe in Nahost und unzählige geopolitische Konflikte: Die Nachfrage nach Waffen ist hoch. Laut SIPRI-Bericht gingen die Verkäufe 2022 weltweit aber zurück. Woran liegt das?
Raketensysteme, Kampfflugzeuge, Munition: Der Krieg in der Ukraine und geopolitische Spannungen weltweit haben die Nachfrage nach Rüstung steigen lassen. In den Waffenverkäufen der 100 größten Rüstungsproduzenten der Welt hat sich das im vergangenen Jahr noch nicht niedergeschlagen. Die gingen insgesamt sogar leicht um 3,5 Prozent zurück, so das Friedensforschungsinstitut SIPRI in Stockholm. Ein Grund: die Nachwehen der Corona-Pandemie.
"Wir sehen, dass Unternehmen immer noch Probleme mit den Lieferketten haben und ihre Verkäufe und ihr Output viel langsamer steigen als erwartet", sagt SIPRI-Direktor Dan Smith. "Die Waffen, die an die Ukraine geliefert wurden, stammten 2022 und zu einem bedeutenden Teil auch in diesem Jahr noch aus vorhandenem Inventar."
Waffensysteme kommen nicht vom Fließband
Neben langsamen Lieferketten haben auch Arbeitskraftmangel und gestiegene Kosten Auswirkungen auf die Produktion. Hinzu kommt die Tatsache, dass es großen Aufwand erfordert, komplexe Waffensysteme herzustellen.
"Man braucht nicht nur für die Entwicklung und das Design, sondern auch für die Produktion viel Zeit. Diese komplexen Waffensysteme kommen nicht einfach so vom Fließband. Das ist ein viel langsamerer Prozess", so der SIPRI-Direktor.
Rheinmetall im Plus
Besonders Unternehmen in den USA und Europa hätten damit zu kämpfen, während Südkorea etwa es geschafft habe, die Waffenproduktion viel schneller anzukurbeln. Vor allem Hersteller relativ einfacher militärischer Ausrüstung etwa im Mittleren Osten hätten profitiert. Auch der größte deutsche Waffenproduzent Rheinmetall konnte seine Verkäufe steigern - um sechs Prozent.
Der weltweit größte Rüstungskonzern, das US-Unternehmen Lockheed Martin, musste dagegen einen Rückgang von knapp neun Prozent hinnehmen. Trotzdem vermutet Smith, dass es der Industrie bald deutlich besser geht. Denn der Waffenhandel ist ein Geschäft, das sich über viele Jahre von der Bestellung bis zur Lieferung hinzieht. Und die Auftragsbücher sind voll.
"Ich erwarte, dass sich die Top 100 in den kommenden zwei Jahren wieder gefangen haben und die Verkäufe im Rest des Jahrzehnts deutlich steigen. Es sei denn, Krieg und bewaffnete Konflikte in der Welt und die geopolitischen Spannungen lassen nach."
Nicht nur der Ukraine-Krieg treibt die Nachfrage
Der Krieg in der Ukraine ist laut SIPRI-Direktor Smith größter Treiber der gestiegenen Nachfrage. Doch auch andere Faktoren spielten eine Rolle.
"Ich denke, neben der Ukraine haben der geopolitische Sicherheitshorizont und die Beziehung zwischen den USA und ihren Verbündeten zu Russland beziehungsweise China den größten Einfluss auf die Militärausgaben und militärische Produktion."
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI ist eine unabhängige Einrichtung, die jährlich Berichte zu Waffenindustrie, Rüstungskäufen, Konflikten und Waffenexporten veröffentlicht. Finanziert wird SIPRI zum großen Teil von der schwedischen Regierung. Das Institut arbeitet eng mit den Vereinten Nationen und der Europäischen Union zusammen.