Grenzkontrollen in der EU Ausnahme von der europäischen Idee
Grenzkontrollen widersprechen zwar massiv der europäischen Idee - vor allem im Schengen-Raum. Aber erlaubt sind sie, und manche gibt es schon seit Jahren. Jetzt will Deutschland neue einführen.
Grenzkontrollen zwischen europäischen Nachbarn sollten nur das letzte Mittel sein - so wollen es die Regeln für den gemeinsamen Schengen-Raum. Die aktuellen deutschen Pläne lägen Brüssel bisher formal nicht vor, so die jüngste Information der zuständigen Kommissionsprecherin Anita Hipper. "Wir haben dazu bisher nichts gesehen." Aber man habe Gespräche mit den Mitgliedsstaaten gestartet, "um zu sehen, wo die konkreten Herausforderungen liegen, und um sicherzustellen, dass wir gemeinsame Lösungen finden".
Grenzkontrollen bei Bedrohung der inneren Sicherheit
Der Schengen-Kodex erlaubt es den Mitgliedsstaaten in gewissen Situationen, eigenmächtig Kontrollen an den Binnengrenzen zu veranlassen. Ganz allgemein gesprochen dann, wenn eine ernsthafte Bedrohung der inneren Sicherheit oder eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung festgestellt wird.
Erlaubt sind etwa Maßnahmen zur Terrorabwehr und bei einer akuten Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit - zum Beispiel während der Corona-Pandemie. Aber auch "Maßnahmen gegen die Instrumentalisierung von Migranten", wie es im Regelwerk heißt - also etwa gegen Schleuserkriminalität.
Ein EU-Mitgliedsstaat kann dann für sich entscheiden, für 30 Tage Kontrollen einführen. Diese können verlängert werden, auf maximal sechs Monate.
Faeser für Zusammenarbeit mit Nachbarländern
Entscheidend, so sagt es der Schengen-Kodex auch, ist das Informieren der Nachbarstaaten. Dies hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser heute im Deutschlandfunk schon angekündigt: "Für mich ist wichtig, dass wir wirksame Maßnahmen haben, und die sind in enger Zusammenarbeit am wirksamsten. Tschechien hat sich jetzt schon geäußert, dass sie mit uns verstärkte Kontrollen machen - auch in Tschechien, auch mit der Bundespolizei."
Das versuche sie jetzt auch mit Polen zu erreichen.
"Kontrollen widersprechen der europäischen Idee"
Mit den Schengen-Vorgaben wolle die EU-Kommission grundsätzlich sicherstellen, dass die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nur als letztes Mittel eingesetzt wird, sagt Kommissionssprecherin Hipper.
Denn natürlich widersprächen sie im Kern der europäischen Idee: "Unsere immer gültige Position dazu ist: Die Einführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU muss die absolute Ausnahme sein, sie muss zeitlich begrenzt sein."
Manche Grenzkontrollen gibt es schon seit Jahren
Und dennoch gehören auch deutlich länger laufende Grenzkontrollen innerhalb der EU längst wieder zur europäischen Realität.
Die Regel lautet: Stationäre Kontrollen, die über die 30-Tage-Regel hinausgehen, müssen von der EU-Kommission vorgeschlagen und dann vom Europäischen Rat gebilligt werden. Diese Kontrollen sind zunächst auf maximal zwei Jahre angelegt - können aber auch erneut verlängert werden.
Bisher ist die EU-Kommission solchen Wünschen aus den Mitgliedsstaaten stets nachgekommen. So gibt es in Bayern - an der Grenze zu Österreich - die wohl bekanntesten lang laufenden Grenzkontrollen. Seit Herbst 2015 werden sie immer wieder vorübergehend vom Bundesinnenministerium bei der EU-Kommission angemeldet - und sind immer wieder jeweils genehmigt und verlängert worden.