Nach Auftritt in Barcelona Puigdemont soll wieder auf dem Weg ins Exil sein
Es war ein "Katz-und-Maus-Spiel", das sich der katalanische Separatistenführer Puigdemont mit der Polizei lieferte: Obwohl mit Haftbefehl gesucht, trat er in Barcelona unbehelligt auf. Inzwischen ist er offenbar wieder außer Landes.
Der katalanische Separatistenchef Carles Puigdemont hat nach Darstellung seiner Partei Spanien wieder verlassen - nachdem die spanischen Behörden zuvor vergeblich versucht hatten, ihn festnehmen zu lassen. Jordi Turull, Generalsekretär von Puigdemonts Partei Junts, sagte dem Hörfunksender RAC1, Puigdemont sei auf dem Weg zurück in sein belgisches Exil.
Trotz eines Haftbefehls hatte der Separatistenchef gestern vor Tausenden Anhängern in Barcelona gesprochen - unbehelligt von der Polizei. Danach tauchte der 61-Jährige unter. Die Flucht gelang ihm offenbar mit Hilfe zweier Beamter der Landespolizei, die festgenommen wurden.
Polizeichef: "Ich glaube den Aussagen nicht"
Ermittlungsrichter Pablo Llarena forderte eine Erklärung der Polizei und der Regierung in Barcelona, wie Puigdemont entkommen konnte.
Die Polizei äußerte sich bislang nur kurz und widersprach der Darstellung von Turull. Man habe keine Informationen darüber, dass Puigdemont auf dem Weg nach Belgien sei, sagte der Chef der katalanischen Polizei, Eduard Sallent, am Mittag auf einer Pressekonferenz. Mit Bezug auf die Äußerungen Turulls fügte er an: "Ich glaube den Aussagen von Politikern nicht, wonach er Spanien verlassen hart."
Puigdemont-Partei stützt Sánchez - noch
Um Puigdemont gibt es in Spanien seit Jahren ein heftiges Tauziehen - politisch wie juristisch. Er gilt als eine Art Gallionsfigur der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.
Puigdemont war 2017 Regionalpräsident von Katalonien, der wirtschaftlich starken Region im Nordosten Spaniens. Und er spielte eine maßgebliche Rolle bei einem Unabhängigkeitsreferendum, das trotz des Verbots durch die spanische Zentralregierung im Oktober 2017 abgehalten wurde. Einer Verhaftung entzog er sich damals durch eine Flucht nach Belgien, wo er seitdem die meiste Zeit lebt.
Das von Puigdemont jetzt ausgelöste Verwirrspiel ist eine latente Gefahr für die Stabilität der Minderheitsregierung des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez. Denn die Partei Junts gilt als Mehrheitsbeschafferin im Madrider Parlament. Sie kündigte eine Entscheidung darüber an, ob sie die Zentralregierung in Madrid weiter stützen werde.
Amnestie greift nicht bei Veruntreuungsvorwurf
Zugleich verwies sie darauf, dass sich die Situation in Katalonien "stark verändert" habe. Junts-Generalsekretär Turull nannte in diesem Zusammenhang Probleme mit einem Gesetz, das denjenigen Amnestie gewährt, die an dem gescheiterten Abspaltungsversuch von 2017 beteiligt waren.
Als Bedingung für die Unterstützung von Junts im Madrider Parlament hatte Sánchez einst das Amnestiegesetz durchgesetzt, durch das Gerichtsverfahren gegen Hunderte Separatisten eingestellt werden. Davon sollte auch Puigdemont profitieren. Der Oberste Gerichtshof Spaniens entschied jedoch, dass nicht alle Vorwürfe gegen Puigdemont durch das Amnestiegesetz aufgehoben seien. Der Haftbefehl gegen den Separatisten-Chef bleibe daher bestehen. Ihm wird im Zusammenhang mit dem Abspaltungsversuch auch vorgeworfen, sich persönlich bereichert zu haben.
Trotz massiver Kontrollen gelang es der Polizei nicht, Puigdemont zu fassen.
Anwalt: Puigdemont wird sich "niemals stellen"
Puigdemont hatte den Tag für sein Auftauchen in Barcelona nach sieben Jahren Exil mit Bedacht gewählt. Es war der Tag, an dem der Sozialist und Unabhängigkeitsgegner Salvador Illa vom Parlament zum Regionalpräsidenten Kataloniens gewählt wurde. Puigdemont kündigte bei seinem Kurzauftritt in Barcelona an, die Bestrebungen um die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien wiederbeleben zu wollen.
Puigdemonts Rechtsanwalt Gonzalo Boye stellte den Kurzauftritt seines Mandaten in Barcelona als einen normalen Arbeitsalltag dar. Puigdemont habe "seine politische Arbeit erledigt und ist nach getaner Arbeit nach Hause gegangen, wie das jeder tut", sagte Boye vor Journalisten. Auf jeden Fall werde sich Puigdemont "niemals stellen".