PiS-Anhänger Zehntausende protestieren gegen Polens Regierung
Nach der Verhaftung zweier verurteilter Politiker der abgelösten Regierungspartei PiS sind in Polen Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Präsident Duda kündigte an, die Politiker erneut begnadigen zu wollen.
Mehrere Zehntausend Menschen haben in Polen gegen die Mitte-Links-Regierung von Donald Tusk demonstriert. Die Anhänger der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS versammelten sich vor dem Parlamentsgebäude in Warschau. Sie trugen polnische Fahnen sowie Plakate mit der Aufschrift: "Hier ist Polen, kein Tuskoland" und "Kulturminister - Zensurminister". Nach Angaben des Warschauer Rathauses waren es 35.000 Teilnehmer, die Veranstalter sprachen von 100.000 bis 300.000.
Bei seinem Auftritt vor den Demonstranten warnte der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski, die EU plane die "Liquidierung des polnischen Vaterlandes" und wolle es zu einem "Wohngebiet für Polen" reduzieren. Mit Blick auf die seit einem knappen Monat amtierende proeuropäische Koalitionsregierung von Tusk sagte Kaczynski: "Das ist keine polnische Regierung." Die PiS unterstellt Tusk, dass er im Auftrag Deutschlands handele.
Protest ursprünglich gegen Umbau der Medien
Der von den im Oktober abgewählten Nationalkonservativen organisierte "Protest der freien Polen" sollte sich ursprünglich gegen die Umgestaltung der öffentlich-rechtlichen Medien richten. Die Regierung von Tusk hatte vor einigen Wochen mit dem Umbau des Fernsehsenders TVP, des polnischen Radios sowie der Nachrichtenagentur PAP begonnen, die die PiS in ihrer achtjährigen Regierungszeit unter ihre Kontrolle gebracht hatte.
Allerdings hat der Konflikt um die Verhaftung von zwei rechtskräftig verurteilten PiS-Politikern den Fokus der Veranstaltung verschoben. Ex-Innenminister Mariusz Kaminski und sein früherer Staatssekretär Maciej Wasik waren am Dienstag verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden, nachdem sie zunächst Schutz im Präsidentenpalast bei Staatsoberhaupt Andrzej Duda gesucht hatten. Die PiS bezeichnet die beiden als "politische Gefangene".
Duda kündigt erneute Begnadigung an
Kaminski und Wasik waren im Dezember in einem Berufungsverfahren von einem Warschauer Bezirksgericht wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden und sollten ihre Strafe antreten. Duda hatte die beiden nach einem ersten Verfahren 2015 begnadigt. Das Oberste Gericht hatte diese Begnadigung aber für nicht rechtmäßig erklärt, da seinerzeit das Berufungsverfahren noch lief.
Duda kündigte kurz vor Beginn der Demonstration an, er wolle Kaminski und Wasik ein zweites Mal begnadigen. Parteichef Kaczynski rief die Demonstranten zu kurzen Protestaktionen vor den beiden Haftanstalten auf, in denen Kaminski und Wasik untergebracht sind.
"Unser Nachbarland schlittert in eine Verfassungskrise"
Für den Historiker Felix Ackermann von der Fernuniversität Hagen sind die Proteste in Polen ein Zeichen dafür, dass "unser Nachbarland in eine Verfassungskrise schlittert". Die Verhaftung der beiden PiS-Politiker zeige, "wie zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen aufeinanderprallen und ganz gezielt von Kaczynski und Tusk gegeneinander ausgespielt werden, um die bereits polarisierte Gesellschaft weiter zu spalten", erklärt Ackermann bei ts24.
Die vergangenen acht Jahre PiS-Regierung unter Kaczynski hätten zu einer Deregulierung der Gewaltenteilung und der Rechtsstaatlichkeit geführt. "Und die demokratisch gewählte Regierung von Donald Tusk hat nun allergrößte Schwierigkeiten, die Abschaffung der Gewaltenteilung wieder rückgängig zu machen." Nach dem Verlust der Macht versuche Kaczynski "den Kampf mit alten Mitteln" fortzuführen und das Leben der Regierung zu erschweren - mittels massiver Polarisierung und der Nutzung jeglicher rechtlicher Mittel.