Verdacht der Falschaussage Anklage gegen Österreichs Ex-Kanzler Kurz
Gegen den österreichischen Ex-Kanzler Kurz ist Anklage wegen Verdachts der Falschaussage erhoben worden. Dabei geht es um Aussagen im Ibiza-Untersuchungsausschuss 2020. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft.
In Österreich ist der ehemalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angeklagt worden. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gab bekannt, dass dem 36-Jährigen Falschaussage vorgeworfen wird. Demnach geht es um Angaben, die er im Juni 2020 im Ibiza-Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments gemacht hatte.
Konkret soll Kurz dort seine eigene Rolle bei der Bestellung des Chefs der Staatsholding Öbag, Thomas Schmid, heruntergespielt haben. Er sei im Vorfeld über die Entscheidung informiert worden, habe aber nicht weiter mitgewirkt, so seine damalige Aussage. Aufgrund von Chatnachrichten geht die Staatsanwaltschaft aber davon aus, dass der ehemalige Regierungschef sehr wohl intensiv in die Personalie eingebunden war. So hätten sich Kurz und Schmid spätestens ab Mitte 2017 regelmäßig über das Thema ausgetauscht.
Das Verfahren soll nach Angaben des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 18. Oktober beginnen. Zunächst seien zwei weitere Verhandlungstage am 20. und 23. Oktober anberaumt, teilte eine Sprecherin mit. Angeklagt sind laut Gericht neben Kurz auch sein ehemaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli sowie die frühere Generaldirektorin der Casinos Austria, Bettina Glatz-Kremsner. Der Akt umfasse mehrere Kisten, der Strafantrag mehr als 100 Seiten, hieß es.
Bis zu drei Jahre Haft drohen
Kurz hat die Vorwürfe stets vehement bestritten. "Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen", schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter.
Die WKStA ermittelte seit dem Frühjahr 2021 nach einer Anzeige von der sozialdemokratischen SPÖ und der liberalen NEOS gegen Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt laut Behörde bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
Kurz hat möglicherweise auch noch in der sogenannten Inseratenaffäre eine Anklage vor sich. Dabei geht es um geschönte Umfragen und Regierungs-Inserate in Boulevard-Zeitungen, die mutmaßlich mit Steuergeld bezahlt worden sein sollen. Gegen mehrere Personen wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Auch hier bestreitet Kurz die Vorwürfe.
Abschied von der Politik Ende 2021
Der ehemalige ÖVP-Chef, einst europaweit hochgehandelter Hoffnungsträger der Konservativen, stand zwei Mal an der Spitze einer Koalition in Österreich. Von 2017 bis 2019 führte Kurz ein Bündnis von ÖVP und rechter FPÖ an. Von 2020 bis 2021 war er Regierungschef einer Koalition aus ÖVP und Grünen. Angesichts der Vorwürfe trat er im Herbst 2021 zunächst von seinen Ämtern zurück. Im Dezember 2021 verkündete er seinen gänzlichen Abschied aus der Politik. Inzwischen ist er Unternehmer und Lobbyist.
Anlass aller Ermittlungen war die Ibiza-Affäre. In einem auf der Ferieninsel heimlich aufgenommenen Video hatte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption gewirkt. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach 2019 daran.