Österreichs Kanzler Kurz bei Befragung "Ich bin kein Vollidiot"
Österreichs Kanzler Kurz wird vorgeworfen, beim Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre Falschaussagen getätigt zu haben. In der richterlichen Vernehmung dazu rechtfertigte er sich - und warf dem Staatsanwalt Parteilichkeit vor.
Gereizt, emotional, mitunter hitzig verlief die mehrstündige richterliche Vernehmung von Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss. Mehrfach sei Kurz von dem Richter aufgefordert worden, nicht aus der Rolle zu fallen - wofür sich der Kanzler entschuldigt habe.
Dies geht aus dem Protokoll der Vernehmung vom 3. September hervor, aus dem die Tageszeitungen Österreichs, wie der "Standard", die "Presse" oder der "Kurier" zitieren und das ihnen nach eigenen Angaben in vollem Wortlaut vorliegt.
Danach habe Kurz erklärt, seine Mitarbeiter hätten ihm vor der ersten Anhörung vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss im Sommer des letzten Jahres eingeschärft, "immer die Wahrheit zu sagen und wenn Du Dich nicht erinnern kannst, dann sag halt, Du kannst Dich nicht erinnern".
Ermittlungen gegen Kurz wegen Falschaussagen
Gegenstand der Vernehmung durch den Richter sind die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, wonach Kurz bei Fragen des Ausschusses nach seiner Rolle bei der Vergabe des Vorstandspostens der Staatsholding ÖBAG an seinen Vertrauten Thomas Schmid mehrfach falsch ausgesagt habe.
Bei seiner Vernehmung durch den Richter habe Kurz gesagt, dass er gewusst habe, dass die Staatsanwaltschaft zahlreiche Chat-Nachrichten seiner Mitarbeiter und Vertrauten sichergestellt habe. "Ich weiß nicht, wie Sie mich einschätzen, aber ich bin kein Vollidiot", habe der Bundeskanzler zum Richter gesagt. Wenn er wisse, dass dem Richter diese SMS-Nachrichten vorlägen, dann wäre es ja nahezu absurd, absichtlich etwas davon Abweichendes zu sagen.
Kurz erklärte, er habe sich prinzipiell nur marginal mit der Staatsholding ÖBAG befasst. In der ÖBAG sind die staatlichen Beteiligungen an großen österreichischen Konzernen in Höhe von rund 26 Milliarden Euro zusammengefasst.
Kurz wirft Staatsanwalt Parteilichkeit vor
Kurz habe bei der Vernehmung dem ebenfalls anwesenden Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt mehrfach Parteilichkeit vorgeworfen. Monatelang habe er jetzt mit diesem Thema zu tun und es ärgere ihn "ungeheuerlich", dass Wortfetzen aus den SMS-Nachrichten gegen ihn interpretiert würden.
Ob sich das gegen ihn richte, habe der Staatsanwalt den Bundeskanzler gefragt. "In Ihre Richtung, ja", habe Kurz erwidert. Nach einer Intervention des Richters gab Kurz zurück: "Ich hab mich schon wieder eingekriegt."
An einer anderen Stelle der über fünfstündigen Vernehmung habe der Richter zu den verbalen Attacken des Kanzlers gegen den Staatsanwalt erklärt: "Jetzt rede ich kurz. Ich verstehe, dass das Ganze emotional wird." Aber er müsse jetzt sagen, "bitte mit dem Sprachgebrauch sich ein bisschen einzuschränken". Daraufhin der Kanzler: "Tut mir leid, wird gemacht."
Erst Mitte dieser Woche hatte das Bundeskanzleramt mitgeteilt, dass Kurz am 3. September von dem Richter als Beschuldigter vernommen worden war. Österreichs Oppositionsparteien haben bereits vor Monaten schon angekündigt, dass Kurz zurücktreten müsse, falls gegen ihn Anklage gegen Falschaussage erhoben werden sollte. Der Bundeskanzler hat mehrfach betont, auch im Falle einer Anklage weiterhin im Amt bleiben zu wollen.