23 Staaten erreichen Zielmarke NATO-Verteidigungsausgaben deutlich gestiegen
Wenige Wochen vor dem NATO-Gipfel hat das Verteidigungsbündnis eine neue Übersicht der Verteidigungsausgaben präsentiert. Demnach werden 23 von 32 Mitgliedstaaten das Zwei-Prozent-Ziel erreichen - darunter auch Deutschland.
Deutschland hat der NATO für das laufende Jahr geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet und würde damit derzeit klar das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erreichen.
Wie aus einer neuen Übersicht der NATO hervorgeht, entspricht die Rekordsumme einem Anteil am prognostizierten deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2,12 Prozent. Die Quote würde damit höher liegen als noch zu Jahresbeginn erwartet.
23 Staaten werden Ziel erreichen
Die Bundesregierung hat sich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vorgenommen, in diesem Jahr erstmals die 2014 vereinbarte NATO-Zielmarke für Verteidigungsausgaben zu erreichen. Sie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten jährlich mindestens zwei Prozent ihres BIP dafür einplanen.
In diesem Jahr werden nach den neuen Zahlen voraussichtlich 23 Bündnisstaaten die Zielmarke erreichen oder sogar überschreiten. 2014 erfüllten lediglich die USA, Großbritannien und Griechenland dieses Ziel. Im vergangenen Jahr hatten nach NATO-Angaben elf der Verbündeten zwei Prozent ihres BIP oder mehr in die Verteidigung investiert.
Polen an der Spitze - Spanien, Slowenien und Luxemburg hinten
Spitzenreiter bei der Quote sind derzeit Polen mit Verteidigungsausgaben von 4,12 Prozent des BIP und Estland mit 3,43 Prozent. Beide Länder liegen damit noch vor den USA, die 2024 nach den jüngsten Schätzungen auf 3,38 Prozent kommen dürften.
Schlusslichter im Ranking sind Länder wie Spanien, Slowenien und Luxemburg, die derzeit bei unter 1,3 Prozent liegen. Auch Belgien (1,30 Prozent), Kanada (1,37 Prozent), Italien (1,49 Prozent) und Portugal (1,55 Prozent) werden die NATO-Zielmarke deutlich verfehlen.
Insgesamt werden die derzeit 32 NATO-Staaten nach jüngsten Schätzungen im Jahr 2024 rund 1,5 Billionen US-Dollar (etwa 1,4 Billionen Euro) für Verteidigung ausgeben. Die Inflation und Wechselkursschwankungen herausgerechnet würde dies im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg um 10,9 Prozent entsprechen. Die europäischen Alliierten und Kanada allein würden den Angaben zufolge sogar auf ein Plus von 17,9 Prozent kommen.
Lob für "größten Anstieg seit Jahrzehnten"
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der sich zur Vorbereitung des NATO-Gipfels derzeit in Washington aufhält, lobte bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden die Entwicklung als "größte Steigerung seit Jahrzehnten". Die Zahlen zeigten, dass die europäischen Bündnispartner und Kanada ihren Teil der Verantwortung für den Schutz aller Mitglieder des NATO-Bündnisses übernähmen.
Biden sprach von einer "Rekordzahl" an Verbündeten, die die Zielmarke für Verteidigungsausgaben nun erreichten. Sein mutmaßlicher Herausforderer bei der anstehenden Präsidentschaftswahl, Ex-US-Präsident Donald Trump, hatte während seiner Amtszeit immer wieder auf höhere Verteidigungsbudgets von Verbündeten gedrungen.
Mit der drastischen Steigerung der Verteidigungsausgaben reagieren die Alliierten insbesondere auf Russlands Einmarsch in die Ukraine. Durch eine deutliche Stärkung von Abschreckung und Verteidigung soll Kremlchef Wladimir Putin deutlich gemacht werden, dass ein Angriff auf ein europäisches NATO-Land keinerlei Erfolgschancen hätte. Beim Gipfel in Washington vom 9. bis 11. Juli würden sich die Verbündeten bereit erklären, die finanzielle Unterstützung für die Ukraine weiter zu verstärken, sagte Stoltenberg.
Stoltenberg nimmt Trump in Schutz
Im Februar sagte Trump bei einem Wahlkampfauftritt, er würde NATO-Partnern im Falle eines russischen Angriffs nicht zur Hilfe kommen, wenn diese nicht genug für ihre Verteidigung ausgäben. Stattdessen würde er Russland in einem solchen Fall ermutigen, "mit ihnen zu tun, was immer es will".
In einem Interview mit der "Welt" und US-Medien verteidigte Stoltenberg Trump gegen den Vorwurf, mit diesen Aussagen das Militärbündnis infrage zu stellen. "Donald Trump hat nicht in erster Linie die NATO kritisiert. Seine Kritik richtete sich gegen NATO-Mitglieder, die nicht genug in die NATO investieren", sagte Stoltenberg.