Giorgia Meloni

Migration nach Italien Meloni setzt auf "Hotspots" in Afrika

Stand: 04.01.2024 17:50 Uhr

Bisher konnte die italienische Ministerpräsidentin Meloni ihre Wahlkampfversprechen zur Migration nicht einlösen. Auf ihrer Jahrespressekonferenz versprach sie erneut mehr Härte. Auch die AfD war ein Thema.

Giorgia Melonis Blick schweifte kurz über die mehr als 100 Journalisten im Konferenzsaal der Abgeordnetenkammer. Dann entschied sich die italienische Ministerpräsidentin für eine Mischung aus Eingeständnis und Kampfansage.

Zur Frage, ob sie mit den bisherigen Ergebnissen ihre Migrationspolitik zufrieden sei, sagte Meloni: "Wenn Sie mich fragen, ob ich zufrieden bin, sage ich: 'Nein'. Um sofort hinterherzuschieben: 'Aber wenn sie mich fragen, ob ich davon ausgehe, dass ich am Ende der Legislaturperiode zufrieden sein werde, dann sage ich Ihnen: Das ist genau das, an dem ich arbeite'."

Es bleibt eine ihrer Prioritäten, betonte Italiens rechte Regierungschefin, "den Menschenhandel zu bekämpfen und die illegale Migration zu stoppen".

 

Doppelt so viel Migranten erreichen Italien

Meloni steht im eigenen Land beim Thema Migration unter Druck, das wurde auf ihrer traditionellen Jahrespressekonferenz deutlich. In dem einzigen ausführlichen Treffen mit Journalisten im Jahr wurde die Regierungschefin mehrfach auf das Thema angesprochen. Entgegen der Versprechen Melonis im Wahlkampf hat sich die Zahl der in Italien ankommenden Migrantinnen und Migranten im Vergleich zur Vorgängerregierung Draghi mehr als verdoppelt.  

Meloni kündigte an, sie wolle auf eine weitere Verschärfung der gerade verschärften Asylpolitik in Europa drängen. Sie habe den europäischen Migrations- und Asylpakt vor zwei Wochen unterstützt, "weil die Regeln besser sind als vorher".

"Aber", betonte Meloni mit Nachdruck in der Stimme, "es ist nicht die Lösung! Wir werden dieses Problem nie lösen, wenn wir uns nur auf die Diskussion konzentrieren, wie wir die Migranten verteilen, wenn sie in Europa angekommen sind".

Italien übernimmt turnusmuäßige Vorsitz der G7-Staaten

Till Rüger, ARD Rom, tagesschau24, 04.01.2024 18:00 Uhr

EU-Kompromiss geht Meloni nicht weit genug

Die Europäische Union hatte sich im Dezember darauf verständigt, künftig Asylverfahren bereits an den Außengrenzen durchzuführen, schneller abzuschieben und ankommende Migranten in der Europäischen Union gerechter zu verteilen.

Meloni machte nun deutlich, dass ihr das nicht reicht und sie auf den frisch ausgehandelten Kompromiss noch etwas aufsatteln will. Das Ziel müsse sein, bereits auf afrikanischem Boden darüber zu entscheiden, wer in die Europäische Union kommen darf: "Mein Ziel ist, in Afrika zu arbeiten und die Abfahrten in Afrika zu stoppen." Dazu gehöre, "die Möglichkeit zu erwägen, Hotspots in Afrika einzurichten, um dort zu entscheiden, wer das Recht und wer nicht das Recht hat, nach Europa zu kommen".

Italiens Abkommen mit Albanien liegt auf Eis

Mit diesem Vorschlag, über EU-Hotspots in Afrika, kehrt Meloni zu einer Forderung aus ihrem Wahlkampf zurück. Derartige Hotspots betreiben die Staaten der Europäischen Union bislang nur auf EU-Gebiet.

Im November hat Meloni in Sachen Migration bereits ein bilaterales Abkommen mit Tirana geschlossen, das vorsieht, im Nicht-EU-Land Albanien Aufnahmezentren für Migranten einzurichten. Wegen Bedenken eines albanischen Gerichts liegt diese Vereinbarung zurzeit auf Eis.

 

Klare Absage an AfD

Auf eine Frage zu ihren möglichen Bündnispartnern auf europäischer Ebene erteilte Meloni der deutschen AfD eine Absage. Mit der AfD gebe es "unüberbrückbare Differenzen". Die Chefin der Rechtsaußenpartei "Brüder Italiens" begründete ihre Distanz zur AfD unter anderem mit deren Beziehungen zu Russland. Italiens Regierung trägt unter Meloni die EU-Linie mit, der Ukraine militärisch und finanziell zu helfen gegen den Angriff Russlands.

Mit Blick auf den Konflikt im Nahen Osten verurteilte Meloni den "scheußlichen Angriff der Hamas am 7. Oktober" auf israelische Zivilisten. Sie kritisierte außerdem, es gebe derzeit einen Antisemitismus, der sich "als Kritik an Israel verkleidet".

Meloni wirft schießenden Abgeordneten aus Partei

Innenpolitisch äußerte sich Meloni zum Streit um das geplanten Justizgesetz, das unter anderem das Recht von Journalisten auf Berichterstattung zu Haftbefehlen einschränken soll. Aus Haftbefehlen soll künftig in Italien nicht mehr zitiert werden dürfen.

"Offen gesagt, sehe ich hier keinen Maulkorb", sagte Meloni. Sie halte die geplante Reform für eine "ausgewogene Regelung zwischen dem Informationsrecht und dem Recht des Bürgers darauf, bevor es ein Urteil gibt, sich nicht in Zeitungen wiederzufinden mit Details, die seine Würde verletzten könnten".

In einem Thema, das Italiens Medien seit Tagen beschäftigt, gab Meloni heute dem öffentlichen Druck nach. Sie gab bekannt, dass der Abgeordnete Emanuele Pozzolo aus der Partei "Brüder Italiens" ausgeschlossen wird. Nach Medienberichten hatte Meloni-Gefolgsmann Pozzolo auf einer Neujahrsfeier mit einer Pistole geschossen und dabei einen Gast der Feier am Bein getroffen.

 

Jörg Seisselberg, ARD Rom, tagesschau, 04.01.2024 17:57 Uhr