EU-Gipfel Weitere Ukraine-Hilfen, neue Sanktionen
Die Themenliste des EU-Gipfels war lang und die Zeit knapp. Trotz zwischenzeitlicher Verstimmungen einigten sich die Staats- und Regierungschefs am Ende vorrangig auf weitere Hilfen für die Ukraine.
Ein Thema sei komplizierter gewesen als das andere, so Ratspräsident Charles Michel am späten Abend. Aber man habe viel erreicht bei diesem letzten EU-Gipfel am Ende eines turbulenten Jahres.
Wir sind zufrieden, dass wir zu allen Punkten auf einer schwierigen Tagesordnung Entscheidungen treffen konnten. Am Ende waren wir uns einig. Das ist die Stärke der Europäischen Union.
Dass es nicht ganz so harmonisch war, deutete Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala an: Sein Land hatte in den vergangenen sechs Monaten die EU-Ratspräsidentschaft inne.
Um ehrlich zu sein: Es war nicht leicht. Aber ich bin froh, dass wir ein klares Zeichen setzen konnten - zuallererst für die Unterstützung an die Ukraine.
Polen schert zwischenzeitlich überraschend aus
Beschlossen haben die EU-Staaten das 18 Milliarden Euro-Hilfspaket für die Ukraine. Zwischenzeitlich hatte Polen die Hilfszahlungen überraschend blockiert: Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte kritisiert, dass die neuen Gelder für Kiew mit anderen Themen wie der Mindeststeuer für internationale Konzerne verknüpft worden seien.
Die Wende brachte Wolodymyr Selenskyjs Videobotschaft an den Gipfel: Darin mahnte der ukrainische Präsident, der Kampf für Frieden in der Ukraine und in ganz Europa solle nicht von Missverständnissen und Kontroversen zwischen einigen EU-Mitgliedstaaten abhängen.
Offenbar hatte Selenskyis Rede Wirkung: Die 27 Staats- und Regierungschefinnen und -chefs einigten sich darauf, die sogenannte Friedensfazilität um zwei Milliarden Euro aufzustocken - den Fonds, aus dem Waffenlieferungen an die Ukraine finanziert werden können.
Kurz vor Ende des Gipfels gelang es dann auch noch den parallel tagenden EU-Botschafterinnen und Botschaftern, das mittlerweile neunte Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg zu bringen. Mit Blick auf möglichen russischen oder chinesischen Einfluss auf dem Balkan wurde außerdem Bosnien-Herzegowina der EU-Kandidatenstatus verliehen.
Strategie gegenüber US-Investitionsprogramm gefunden
Grundsätzlich geeinigt haben sich die EU-Staaten auf eine Strategie gegenüber dem gigantischen Förderprogramm der Vereinigten Staaten für die heimische Wirtschaft. Das Programm führe in die richtige Richtung, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, schließlich würden damit klimafreundliche Technologien gefördert. Allerdings verzerre dieser Investitionsplan durch seine Subventionen und Steuergutschriften den Wettbewerb für die EU und ihre Unternehmen.
Einen Handelskrieg mit dem engen Partner USA wollen die EU-Staaten vermeiden, zugleich verlangen sie Fairness. Die EU-Kommission soll in den nächsten Wochen einen Plan ausarbeiten, wie der Wirtschaftsstandort EU geschützt werden kann, ohne in eine Subventionsspirale zu geraten.
"Das Gegenstück zu Steuererleichterungen sind Staatshilfen", erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Im Januar werden wir einen Vorschlag dazu machen. Wir werden nicht nur den Binnenmarkt im Blick haben, sondern auch den globalen Wettbewerb mitdenken."
Die Mittel bleiben aber umstritten: Frankreich fordert zu diesem Zweck neue Gemeinschaftsgelder, Deutschland, Finnland und andere sehen alles skeptisch, was mit neuen Krediten oder Schulden finanziert werden müsste.
Energieminister sollen Montag Lösung zu Gaspreisdeckel finden
Einen Schritt hin zu einer Einigung gab es auf dem Gipfel auch im monatelangen Ringen um einen Gaspreisdeckel. Die EU-Länder haben ihre Energieministerinnen und -minister beauftragt, bei ihrem nächsten Treffen am kommenden Montag in Brüssel eine Lösung zu finden.
Die Bundesregierung fürchtet weiterhin Versorgungsengpässe, sollten die Europäer eine Preisobergrenze für den Großhandelspreis von Gas einführen - so wie von Italien, Griechenland, Polen und anderen Staaten gefordert. Theoretisch könnte Deutschland überstimmt werden, da in der Frage nach den EU-Regeln keine Einstimmigkeit zwingend nötig ist. Bundeskanzler Olaf Scholz gab sich zuversichtlich, dass die geplante Begrenzung des europäischen Gaspreises nie greifen wird.
Der Preisdeckel wird allerdings so hoch sein, dass ich hoffe, dass er niemals relevant wird.
Der Terminkalender der EU reicht schon weit über den kommenden Montag hinaus: Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Ein außerplanmäßiges Treffen der 27 Staats-und Regierungschefinnen und -chefs ist für Anfang Februar vorgesehen. Dann soll es um die weiter offenen Fragen gehen: um Migration und Asyl, aber auch um den Subventionsstreit mit den USA.