EU-Lateinamerika-Gipfel Treffen für den Neuanfang
In Brüssel beraten Regierungschefs der EU, Lateinamerikas und der Karibik. Die Beziehung der Staaten soll erneuert werden - um beim Handel, Klimaschutz und Ukraine-Krieg stärker zusammenzuarbeiten. Doch es zeichnen sich Konflikte ab.
Manchmal wirkt es wie ein Treffen unter Freunden - zum Beispiel als Ursula von der Leyen auf dem Gipfel Luis Inacio Lula da Silva begrüßt. Mit diesem Präsidenten ist Brasilien zurück auf der weltpolitischen Bühne, sagt die EU-Kommissionschefin sichtlich erfreut, "wir brauchen enge Freunde an unserer Seite angesichts von Ukraine-Krieg und Klimawandel", so von der Leyen.
Erstes Treffen seit 2015
Aber die engen Freunde haben sich acht Jahre lang nicht gesehen - der letzte Gipfel dieser Art von EU, Lateinamerika und Karibik fand 2015 statt. Deshalb markiert das Treffen auch einen Neuanfang. Brasiliens größter Handelspartner ist inzwischen China. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Wirtschaftsbündnis Mercosur liegt auf Eis, weil dessen Mitglieder Brasilien und Argentinien zusätzliche EU-Auflagen ablehnen bei Umwelt und Menschenrechten.
Kommissionschefin von der Leyen betont: "Unser Ziel ist es, alle verbleibenden Streitpunkte so schnell wie möglich auszuräumen, damit wir diese Vereinbarung abschließen können, von der beide Seiten profitieren. Sie soll Zölle abbauen und eine der größten Freihandelszonen der Welt schaffen mit mehr als 700 Millionen Menschen. Aber bisher wehren sich die Südamerikaner gegen Vorschläge für eine Zusatzerklärung zum Abkommen.
Die Erwartungen halten sich in Grenzen
Ein Durchbruch wird beim Gipfel nicht erwartet. Aber Brasiliens Staatschef Lula rechnet damit in den kommenden Monaten: "Wir wollen ein ausgewogenes Mercosur-EU-Abkommen noch dieses Jahr abschließen. Das wird neue Horizonte eröffnen und beiden Seiten ermöglichen, aktuelle und künftige Herausforderungen anzugehen."
Eine Herausforderung für den Gipfel ist der Umgang mit dem Ukraine-Krieg. Die EU will die russische Aggression in der Abschlusserklärung verurteilen. Aber manche Gastländer tun sich damit schwer. Sechs von ihnen haben die entsprechende UN-Resolution vom März 2022 nicht unterstützt.
Die Frage nach dem Konsens
Ralph Gonsalves ist Premierminister des Karibikstaates Saint Vincent und Grenadinen und amtierender Vorsitzender der Staatengemeinschaft: Er sei noch nicht sicher, was sie bekommen werden und wie die Formulierung aussehen werde, so Gonsalves. Man diskutiere gerade darüber.
"Die verschiedenen Staaten haben bei den Vereinten Nationen abgestimmt, auch mein eigener, der die Aggression verurteilt hat", so Gonsalves weiter. "Aber andere Länder haben sich enthalten oder einen anderen Standpunkt eingenommen. Und wir müssen eine Sprachregelung im Konsens finden, die alle einschließt."
Investitionen in die Zukunft
Sicher ist, die EU lässt sich die erneuerte Partnerschaft mit Lateinamerika und der Karibik in den kommenden fünf Jahren 45 Milliarden Euro kosten. Das Geld kommt aus dem EU-Haushalt, von den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Investitionsbank.
Die Mittel sollen etwa dazu beitragen, Europas Versorgung mit kritischen Rohstoffen wie Lithium zu sichern. Das soll aus Argentinien und Chile kommen und wird für die Herstellung der Batterien von E-Autos gebraucht. Das Geld soll helfen, Telekomnetze in der Amazonasregion auszubauen, eine Metrolinie in Kolumbien zu betreiben, Elektrobusse in Costa Rica anzuschaffen oder Hochspannungsleitungen in Paraguay zu modernisieren.
Die Investitionen laufen über die sogenannte Global-Gateway-Initiative. Das ist Europas Antwort auf Chinas Projekt "Neue Seidenstraße" - der Versuch, sich mit Milliarden-Investitionen weltweiten Einfluss zu sichern.