Medienbericht Wusste Russland vom Angriff auf Kursk?
Russland soll monatelang Hinweise über einen bevorstehenden ukrainischen Vorstoß nach Kursk erhalten haben. Dies legen Informationen des britischen Guardian nahe. Auch ein wichtiges Angriffsziel wird richtig benannt.
Im August wagte die Ukraine einen Vorstoß auf russisches Gebiet. Seitdem dauern die Kämpfe in der Region Kursk an. Die Aktion galt als Überraschungsangriff - auch, weil die Ukraine schnell vorstieß. Doch ein Bericht des Guardian legt nahe, dass Russland möglicherweise von den Plänen der Ukrainer wusste. Und sie nicht verhinderte oder nicht verhindern konnte.
Behörden und Militär in der russischen Region Kursk sollen Hinweise gehabt haben. Das berichtet der "Guardian" unter Berufung auf russische Dokumente, die das ukrainische Militär bei seiner Kursk-Offensive entdeckt haben soll. Die britische Tageszeitung konnte die Dokumente nicht unabhängig prüfen. "Sie tragen aber die typischen Merkmale echter russischer Armeekommunikation", heißt es in dem Bericht.
Erste Warnungen im Januar
Den Dokumenten zufolge gab es Warnungen über ukrainische Vorstöße auf russisches Gebiet - sie gehen zurück bis Januar 2024. Ein Eintrag vom Februar befürchtete einen "schnellen Vorstoß aus der Sumy-Region in russische Gebiete." Darin wird auch die Kleinstadt Sudscha erwähnt, die inzwischen von der Ukraine besetzt ist.
Schon im März sollen Maßnahmen angeordnet worden, um die Verteidigung an der Grenze zu verstärken. Im selben Monat war von Vorfällen die Rede, bei denen ukrainische Sabotagegruppen in russischen Uniformen aktiv gewesen sein sollen.
Bedenken über Verfassung der Soldaten
Für den Juni besagen die Unterlagen demnach Beschwerden über die stationierten Einheiten: Die Truppen hätten lediglich 60 bis 70 Prozent ihrer Mannschaftsstärke gehabt und seien aus wenig ausgebildeten Reservisten gebildet gewesen. Es gäbe Bedenken hinsichtlich der Moral und psychischen Verfassung der Soldaten in Kursk. Anfang August drangen dann die ukrainischen Gruppen in Kursk ein.
Seit dem Vorstoß wird in Kursk gekämpft. Russland verkündete heute, es werde die Kontrolle über die besetzte Region "zeitnah" wiedererlangen. "Unsere Soldaten leisten gute Arbeit, sie werden es schaffen. Die Kontrolle wird wiederhergestellt", sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.
Details zu den Plänen der Gegenoffensive nannte er nicht. Zwar sei die Situation in den besetzten russischen Gebieten extrem, doch sie werde zeitnah zugunsten Russlands geändert, so Peskow. Heute verkündete ein russischer Kommandeur außerdem die Einnahme von zwei Dörfern, zuletzt hatte Russland immer wieder Gebietsgewinne in der Region vermeldet.
Deutscher General widerspricht Selenskyj
Der ukrainische Generalstab machte am Donnerstagabend keine neuen Angaben zur Lage in Kursk. Aber Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner Abendansprache, die Regierung in Moskau sei durch die Offensive in Kursk gezwungen gewesen, 40.000 Soldaten dorthin zu verlegen. Russlands Angriffspotenzial an der Ostfront in Donezk sei verringert worden.
Der Bundeswehr-General Christian Freuding widerspricht dieser ukrainischen Darstellung. Es seien Kräfte Richtung Kursk umgeleitet, aber keine russischen Kampftruppen aus dem Donbass abgezogen worden, sagte der militärische Chefkoordinator der deutschen Ukraine-Hilfe, der auch Leiter des Planungsstabes im Verteidigungsministerium ist.