"Made in Italy"-Gymnasien Eine Schule für den Stolz auf Italien
In Italien geht bald ein neuer Schultyp an den Start. Die sogenannten Made in Italy Gymnasien sollen italienische Errungenschaften aufwerten. Kritiker sehen darin ein identitäres Imageprojekt Melonis.
Wie sich die Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eine Schule der Zukunft in Italien vorstellt, lässt sich in Ostia vor den Toren Roms besichtigen. Ottavio di Paolo ist an der Giovanni Paolo Schule zuständig für den neuen Gymnasialzweig, in dem ab Herbst der Unterricht beginnen soll.
"Dieses Gymnasium wird unserer Ansicht nach das Selbstwertgefühl erhöhen, um das Land voranzubringen", sagt der Vize-Schuldirektor. Seine Schule sei "stolz, diese Art von Gymnasium zu haben".
Vize-Schuldirektor Ottavio di Paolo sagt, er sei stolz darauf, dass sein Gymnasium den neuen Schultyp "Made in Italy" anbietet.
Der neue Schultyp in Italien, angeboten an 92 Orten, heißt offiziell: "Made in Italy"-Gymnasium. Laut Bildungsminister Giuseppe Valditara soll er "die italienischen Exzellenzen aufwerten, fördern und schützen".
Anders ausgedrückt: Im Gymnasialzweig mit dem englischen Namen soll Stolz auf Italien, insbesondere Stolz auf die italienische Wirtschaft gelehrt werden.
"Teil einer Vision der Rechten"
Für Massimiliano Panarari, Soziologieprofessor an der Universität Modena und Reggio Emilia, gehören die neuen Gymnasien zu einer politischen Strategie, mit der die Regierung Meloni das Land verändere: "Das 'Made in Italy'-Gymnasium ist Teil einer Vision der neuen Regierungsrechten, die dominant sein will, auch durch die Kultur, die Symbolik, die Soft Power." Die von der Regierung gewollten Schulen, seien Teil eines sehr viel größeren kulturellen Projekts.
Italiens Parlament hat die Einführung des neuen Gymnasialzweigs Ende vergangenen Jahres beschlossen im Rahmen des sogenannten "Made in Italy"-Gesetzes. Politisch geräuschlos, wie so häufig unter der Regierung Meloni.
Außer neuen Schulen werden durch das Gesetz ein "Nationaler Tag des 'Made in Italy'" eingeführt, der immer am 15. April gefeiert werden soll, sowie ein "Souveränitätsfonds", den die Regierung auflegen will, um national wichtigen Wirtschaftszweigen zu helfen.
"Die ideologische Dimension ist offensichtlich"
Nach Ansicht Panararis steht dieses Gesetz in einer "identitären Logik, die politisch typisch ist für das Vorgehen einer populistischen Kraft wie die Brüder Italiens", die Partei der Ministerpräsidentin Meloni. In den Erläuterungen des Gesetzes werde ausdrücklich das Wort "identitär" verwendet, im Zusammenhang mit dem Begriff "Made in Italy" sei die Rede von "identitärem Erbe". Panararis Urteil: Die "ideologische Dimension" dieses Gesetzes sei offensichtlich.
"Vom Handwerk über Marketing, Kunst, Wirtschaft bis zum kulturellen Erbe"
In Ostia schüttelt Vize-Schuldirektor Di Paolo energisch den Kopf auf die Frage, ob das in Italien neu eingeführte Gymnasium eine Schule mit klarer politischer Ausrichtung sei: "Nein, absolut nicht. Wir als Schule haben grundsätzlich die Einstellung, dass die Politik außerhalb der Schule bleiben muss."
Laut Gesetz soll in den "Made in Italy"-Gymnasien unter anderem Wirtschaft und Recht gelehrt werden, in einem "kulturellen Rahmen" des "fachübergreifenden Austausches", etwa mit Geschichte, Literatur und Kunstgeschichte. Auch zwei moderne Fremdsprachen sind Pflicht, vermittelt würden zudem "Techniken und Marktstrategien für "Made in Italy"-Unternehmen".
Di Paolo von der Giovanni Paolo Schule in Ostia nennt als konkretes Lernziel des neuen Gymnasiums: "Wissen, was 'Made in Italy' bedeutet, und zwar in einer 360 Grad Perspektive - vom Handwerk über das Marketing, die Kunst, die Wirtschaft bis zum kulturellen Erbe". Das könne sich, sagt Di Paolo, "über 1.001 Bereiche erstrecken".
Bislang wenig Interesse
Unter den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern hält sich das Interesse am neuen Schultyp bislang in Grenzen. Laut Medienberichten gab es zum Anmeldeschluss Mitte des Monates gerade mal knapp 400 Anmeldungen - landesweit. In Ostia an der Giovanni-Paolo-Schule möchten sie den "Made in Italy"-Gymnasialzweig nach dem Sommer mit dann wahrscheinlich zehn Schülerinnen und Schülern starten.
Das Bildungsministerium wollte die geringen Anmeldezahlen auf Anfrage nicht kommentieren. Professor Panarari ist sich aber sicher, dass die Regierung an dem neuen Gymnasium festhalten will. Vor allem für Meloni, die Brüder Italiens und Wirtschaftsminister Adolfo Urso sei "das 'Made in Italy'-Gymnasium ein sehr wichtiges identitäres Symbolprojekt", erläutert Panarari.
Deswegen, meint der Soziologe, "werden sie weiter machen, auch wenn es sich um ein Bildungsangebot handelt, das vom Land offensichtlich nicht wirklich angenommen und gewollt ist".