Rechtsextreme in Italien Wer ist Giorgia Meloni?
Ultrakonservative Ansichten, kein klares Nein zum Faschismus: Wenn Italien im Herbst wählt, könnte die Rechtsradikale Meloni neue Ministerpräsidentin werden. Was will die 45-Jährige?
Sie will die Regierung in Rom übernehmen. Daran lässt Giorgia Meloni keinen Zweifel, seit Monaten. Bereits nach den landesweiten Regionalwahlen im Frühjahr, als ihre Partei Brüder Italiens eine der Gewinnerinnen war, sagte Meloni: "Wir sind absolut bereit zu regieren. Wenn uns die Italiener die Möglichkeit geben, dann garantieren wir, dass wir auch diese Verantwortung übernehmen werden."
Eine Botschaft, die die 45-Jährige seit dieser Woche, nach dem Sturz Mario Draghis, noch selbstbewusster verbreitet: "Wir sind bereit. Ich bin bereit. Die Brüder Italiens sind bereit. Und mir scheint, dass heute auch ganz Mitte-Rechts ziemlich bereit ist." Bereit, nach den Neuwahlen am 25. September Italien zu führen.
Die aktuellen Umfragen füttern das Selbstbewusstsein der italienischen Rechten und speziell Giorgia Melonis. Die Brüder Italiens sind derzeit stärkste Partei mit 23 Prozent, ein Rechtsbündnis zusammen mit der Lega Matteo Salvinis und Silvio Berlusconis Forza Italia käme auf 45 Prozent.
Ihre rechtsextreme Partei Brüder Italiens liegt in Umfragen derzeit in Führung: Giorgia Meloni.
Beste Aussichten, Draghis Nachfolgerin zu werden
Meloni habe beste Aussichten Draghis Nachfolgerin zu werden, sagt Politikprofessor Lorenzo Castellani von der Römer Universität LUISS: "Die Mitte-Rechts-Koalition liegt in Führung und hat Chancen, die Wahl zu gewinnen." Wenn Mitte-Rechts die absolute Mehrheit holt, meint Castellani, dann könne "als Anführerin der wahrscheinlich stärksten Partei Giorgia Meloni die nächste Ministerpräsidentin werden".
Eine Frau, die ihre politische Karriere in einer neofaschistischen Jugendorganisation begonnen hat. Und die aktuell eine Partei anführt, in deren Wappen die grün-weiß-rote Flamme prangt, die in der Symbolik der italienischen Rechten für die ewige Flamme auf dem Grab Mussolinis steht.
Wenn Meloni in Fernsehdebatten aufgefordert wird, sich vom Faschismus zu distanzieren, windet sie sich: "Ich habe nichts, für das ich mich entschuldigen müsste in meinem Leben." Aber, sagt Meloni, in zwei von drei Fernsehdiskussionen solle sie über "Geschichte und nicht über aktuelle Politik reden. Das finde ich nicht richtig."
Keine Distanz zu Mussolini
Mussolini, meint Meloni, sei eine "komplexe Persönlichkeit, die im historischen Kontext" gesehen werden müsse. Auf Parteiveranstaltungen der Brüder Italiens ist immer wieder der sogenannte "Römische Gruß" zu sehen, vergleichbar mit dem Hitler-Gruß in Deutschland. Bei der Stadtratswahl in Rom hat die Meloni-Partei eine Enkelin Mussolinis aufgestellt, bei den Europawahlen einen Mussolini-Urenkel.
Meloni reagiert gereizt, wenn sie auf diese Themen angesprochen wird. Die eloquente und energische Römerin bezeichnet sich als Konservative und verweist stolz darauf, sie sei auf europäischer Ebene Vorsitzende der Partei Europäische Konservative und Reformer. Dieser gehören neben der polnischen PiS-Partei, den rechtsextremen Schwedendemokraten und der spanischen Vox auch die britischen Konservativen an.
Politik-Professor Castellani sagt: Wie Melonis Politik als Italiens Ministerpräsidentin aussehen könnte, sei in wichtigen Punkten noch unklar: "Wir wissen sehr wenig über ihre wirtschafts- und finanzpolitischen Ideen. Und darüber, welches Verhältnis Italien zur europäischen Union haben soll."
Ultrakonservative Ansichten
In anderen Politikbereichen dagegen hat Meloni klare Vorstellungen. Wie sie vergangenen Monat bei einem Wahlkampfauftritt der spanischen Vox-Partei in Andalusien deutlich gemacht hat.
Der Schluss der Rede Melonis, lautstark vorgetragen, war eine Art Kurzfassung ihrer politischen Überzeugungen: "Ja zur natürlichen Familie - nein zur LGBT-Lobby. Ja zur Kultur des Lebens, nein zu Abtreibungen. Ja zu christlichen Prinzipien, nein zu islamistischer Gewalt. Ja zu sicheren Grenzen, nein zu Masseneinwanderung. Ja zu unseren Mitbürgern, nein zur internationalen Finanzwelt. Ja zur Unabhängigkeit der Völker, nein zu den Bürokraten in Brüssel."
Das sind die Töne, auf die sich die europäischen Partner bei einer Ministerpräsidentin Meloni einstellen müssten. Zumindest an einem Punkt aber ist Meloni auf EU-Linie: Im Ukraine-Krieg steht sie an der Seite Kiews, sie verurteilt den, wie auch sie sagt, "russischen Angriffskrieg".