Nach Schuss auf 17-Jährigen Polizist bleibt in Untersuchungshaft
Der französische Polizist, der einen 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle erschossen hat, bleibt in Untersuchungshaft. Auch nach der Veröffentlichung von Protokollen bleiben offene Fragen und Unstimmigkeiten rund um den tödlichen Schuss.
Nach dem tödlichen Schuss auf einen Jugendlichen bei einer Verkehrskontrolle bei Paris bleibt der verantwortliche Polizeibeamte in Untersuchungshaft. Ein Antrag auf Freilassung des 38-Jährigen sei abgelehnt worden, teilte das zuständige Gericht in Versailles mit. Gegen Florian M. wird wegen des Verdachts auf Totschlag ermittelt.
Inzwischen wurden das Protokoll des Einsatzes sowie Auszüge aus dem Verhör des Polizisten bekannt. Demnach gibt es noch immer offene Fragen zum Ablauf der Ereignisse.
Umstrittene Aussagen
Unklar ist weiterhin, warum zunächst davon die Rede war, dass das Auto "auf den Polizisten zugerast" sei. Das geht aus dem ersten Protokoll hervor, das auf der Basis der Funksprüche oder auf einem Gespräch beruht.
Außerdem sind einige Aussagen, die in einem Video zu hören sind, teils noch nicht abschließend bewertet worden. Unter Verweis auf interne Ermittlungsunterlagen, aus denen die Zeitungen "Le Parisien" und "Le Monde" zitierten, drohte der Kollege des späteren Schützen dem 17-Jährigen am Steuer bei der Kontrolle: "Du bekommst eine Kugel in den Kopf."
Der nun inhaftierte Beamte habe gerufen "ausmachen, ausmachen" und auf die Windschutzscheibe geschlagen, um den Jugendlichen zum Ausschalten des Autos zu bringen. Der Ausruf "Schieße auf ihn" ist ebenfalls weiter umstritten.
Aus Angst geschossen?
Aus den Auszügen aus dem Verhör, die "Le Parisien" veröffentlicht hat, geht auch hervor, dass Florian M. nach eigener Aussage zum Tatzeitpunkt den neunten Tag in Folge im Dienst war. Er habe zunächst vergeblich versucht, den Mercedes anzuhalten, der mit erhöhter Geschwindigkeit auf einer Busspur gefahren sei.
Das Auto sei schließlich im Stau stecken geblieben, wo es zu dem tödlichen Schuss gekommen sei. Florian M. habe Angst gehabt, dass sein Kollege von dem Auto mitgeschleift werden könnte, da er sich in das offene Fenster hineingelehnt habe, sagte er aus.
Der zweite Beamte hat aber laut Ermittlungsunterlagen ausgesagt, dass er nur einen Arm in das Fahrerfenster gehalten habe.
Keine Vorstrafen
Der Anwalt des getöteten Nahel hat mittlerweile Klage wegen Urkundenfälschung eingereicht. Das gefälschte Protokoll habe dazu gedient, den Polizisten zu entlasten, sagte der Anwalt Yassine Bouzrou.
Weder der Polizist noch der 17-jährige Nahel waren vorbestraft. Der Jugendliche sei der Polizei aber bekannt gewesen, weil er sich bereits zuvor einer Polizeikontrolle entzogen habe.
Tod löste Krawalle aus
Fest steht allerdings, dass der Widerspruch zwischen den ersten Berichten auf der Basis des Polizeiprotokolls und dem dann veröffentlichten Video die Wut vieler junger Menschen noch zusätzlich angestachelt hat.
Seit dem Tod Nahels bei der Kontrolle in der vergangenen Woche wurde Frankreich von schweren Krawallen und Protesten gegen Polizeigewalt erschüttert. Wiederholt kam es zu Plünderungen, Brandanschlägen und gewaltsamen Konfrontationen zwischen Polizisten und Randalierern.
Inzwischen haben die Unruhen nachgelassen. Die Sorge ist aber, dass sie zum Nationalfeiertag am 14. Juli wieder aufflammen könnte.