Erneut Unterseekabel beschädigt Finnland glaubt nicht an einen Unfall
Ein Strom- und mehrere Datenkabel wurden in der Ostsee beschädigt. Finnland geht von einem Sabotageakt aus. Im Fokus der Ermittlungen: Ein Öltanker, der zu Russlands sogenannter Schattenflotte gehören könnte.
In der Nacht zum zweiten Weihnachtstag betreten finnische Ermittler einen Öltanker in der Ostsee. Das Schiff ist unter der Flagge der Cookinseln unterwegs - und es hat sich verdächtig nahe an der Stromleitung Estlink 2 zwischen Estland und Finnland aufgehalten. Die war am ersten Weihnachtstag plötzlich ausgefallen.
"Wir haben ein Patrouillenschiff zu dem Tanker geschickt und festgestellt, dass die Anker nicht an ihrem Platz waren. Wir hatten deshalb Grund zu der Annahme, dass etwas Seltsames vor sich ging", sagt der stellvertretende Leiter des Grenzschutzes, Markku Hassinen, bei einer Pressekonferenz. Und fährt fort: "Auf unsere Aufforderung holte die Besatzung des Tankers den Anker ein. Dabei kam aber nur die Ankerkette hoch - der Anker selbst war nicht mehr dran."
Hybride Attacken im Ostseeraum haben zugenommen
Ein Unfall? Daran glauben die finnischen Behörden nicht. Sie ermitteln wegen schwerer Sabotage. Denn spätestens seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine häufen sich hybride Angriffe im Ostseeraum. Nicht selten ist Finnland Ziel solcher Attacken. Und nicht selten dürfte Russland eine Rolle dabei spielen, sagt Hiski Haukkala, Leiter des finnischen außenpolitischen Instituts in Helsinki.
Russland teste seine Grenzen und führe solche hybriden Attacken zunehmend aggressiver durch. Das umfasse das gesamte Spektrum von Aktivitäten, sagt Haukkala, "angefangen von Desinformationskriegen bis hin zu aggressiveren Formen von Cyberattacken und vielleicht sogar physischen Sabotageakten, wie wir sie hier in Europa erlebt haben".
Gehört der Tanker zu Russlands "Schattenflotte"?
Erst im November traten Schäden an Datenkabeln zwischen Finnland und Deutschland sowie Schweden und Litauen auf. Auch damals im Visier der Ermittler: ein ausländisches Schiff.
Doch anders als damals können finnische Behörden das Schiff diesmal untersuchen. Weil die "Eagle S" in finnischen Hoheitsgewässern liegt, können die Ermittler an Bord gehen, mit der Besatzung sprechen und Beweise sammeln. "Wir nehmen an, dass das Schiff Teil der Schattenflotte ist. Es hat nach unseren Informationen bleifreies Benzin geladen, das in einem russischen Hafen getankt wurde", sagt Sami Rakshit, Leiter des finnischen Zolls.
Auch die EU geht davon aus, dass der Frachter in Verbindung zu Russland steht. "Das verdächtige Schiff ist Teil der russischen Schattenflotte, die die Sicherheit und die Umwelt bedroht und gleichzeitig den russischen Kriegshaushalt finanziert", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung der EU-Kommission und der Außenbeauftragten Kaja Kallas.
Zur sogenannten Schattenflotte gehören Schiffe, die Russland beim Export unter anderem von Rohöl helfen sollen - teilweise illegal, indem sie EU-Sanktionen umgehen. Weil Moskau dafür keine eigenen Schiffe verwenden kann, nutzt es oft alte Tanker aus anderen Ländern. Finnlands Regierungschef Petteri Orpo äußerte sich alarmiert: "Das unterstreicht die Gefahr der Schattenflotte für die Ostsee. Wir müssen neue, starke Methoden finden, um damit umzugehen."
Mehrere Kommunikationskabel ebenfalls beschädigt
Nicht nur das Stromkabel ist an Weihnachten plötzlich ausgefallen. Inzwischen sind außerdem Störungen von vier Kommunikationskabeln bekannt. Drei davon verlaufen laut Medien zwischen Finnland und Estland, eines zwischen Finnland und Deutschland.
Die Ursache ist noch unklar. Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher gebe es nicht, berichteten die Netzbetreiber. Aber die Weihnachtsruhe ist gestört. Regierungschef Orpo sprach von einer "sehr ernsten Sache" und befürchtet, dass so etwas wieder passiert. "Aber unsere Behörden haben entschieden reagiert. Das Schiff ist in unseren Gewässern, unter unserer Kontrolle, die Ermittlungen sind schon im Gange. Das sendet eine starke Botschaft an alle, die sich auf dem Meer befinden. Nämlich die, dass wir eingreifen", betont Orpo.